Vergiss mal die Geschichten mit Ufo, RAF Camora und Juju. Denn Said ist weder der störrische Backpacker, dessen Idealismus ihn am großen Erfolg hindert, noch ein größenwahnsinniger Kleinkrimineller, der irgendwann sein Talent gegen Starallüren eingetauscht hat. Said ist Hood(rich). Das bedeutet, seinen Kreis klein zu halten (Features von Olexesh, Haze, Taimo und Bangs), Prinzipientreue (kein Autotune, keine Trapbrettfahrerei) und zielgerichtete Konzentration (13 Tracks). Da lag es eigentlich nur auf der Hand, sich eines Tages mit der Wiener Producer-Instanz Brenk Sinatra zusammenzutun: teilt man doch die Vorliebe für authentischen Street-Schmodder, der eben nicht protzt, sich aber auch nicht unter Wert verkauft. So ist »Haq« in erster Linie real, auch wenn hier niemand die Kultur vor dem Verfall bewahren will. Vielmehr sind Brenks organische Westocast-Watscherl der passgenaue Hohlkörper, den Said mit seinen Erfahrungen aus der schwülen Berliner Unterwelt zu füllen weiß und schon immer gebraucht hat. »Behandel alles mit Respekt/Außer das Gesetz/Denn das versaut mir das Geschäft«, schnoddert der Neuköllner mit charismatischem Rotzbengel-Flow exemplarisch über die brummigen Fanfaren von »Verano«. Das Understatement bleibt die Mutter seiner Eleganz. Hier ein Päckchen schnüren, da eine Bäckerei überfallen, niemals mit der Polizei reden. »Red’ von Hustlen, ein halbes Leben lang/Wollte immer raus hier und wohn jetzt nebenan.« Lockereasy hätte Said sich der Melancholie hingeben können, die derartig nahbare Reflexionen über das Corner-Dasein mit sich bringen, doch sein Alleinstellungsmerkmal bleibt auch auf »Haq« sein Humor. Saids Berliner Schnauze, die den inneren Reimfetischisten mit bildgewaltiger Sprache und zwingenden Ohrwurm-Hooks zu verknüpfen weiß, erklimmt in diesen 48 Minuten eine atmosphärische Brillanz, die »Haq« zum bisher schlüssigsten Album seiner Karriere machen. Ein endgültiger Beweis, dass Said der vermutlich meistunterschätzte Straßenrapper der aktuellen Dekade ist.
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