Flying Lotus- Cosmogramma // Review

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(Warp/Rough Trade)

Wertung: Fünf Kronen

Wenn man wirklich verstehen will, was hinter “Cosmogramma” steckt, muss man zunächst ins Jahr 2008 zurückschauen. Damals releasete Steven Ellison sein zweites Album “Los Angeles”, das so etwas wie der Startpunkt für das weltweite GlitchHop-BeatScience-Sonstwas-Movement wurde. 2010 gehört Flying Lotus zu den stilprägenden Vorzeigeproduzenten, deren Sound eine Generation hörbar insipiriert hat. So sieht sich FlyLo heute mit dem Anspruch konfrontiert, das von ihm neu erfundene Rad auf das nächste Level zu bringen. Genau das gelingt ihm auf “Cosmogramma”, indem er das Wohnzimmer in einen Bandproberaum umfunktioniert. Für ihn bedeutet die Zusammenarbeit mit seinem Großcousin Ravi Coltrane (Saxofon), Bass-Legende Thundercat, Rebekah Raff (Harfe) oder dem Streicherarrangeur Miguel Atwood-Ferguson die Erfüllung eines Traums. Dabei holt FlyLo den Zuhörer durchaus dort ab, wo er ihn mit “Los Angeles” zurückgelassen hat: vertrackte Drums, wahnsinniger Subbass, synthetische Klänge, eine Stimmung zwischen J Dilla und Burial. Aber spätestens wenn sich Streicher und Harfe aus der synthetischen Umwelt schälen, wird es schwer, noch passende Vergleiche zu finden. Die Drums geben den Tracks ein wackliges Gerüst, das immer wieder in sich zerfällt und nur vom Bassfundament aufgefangen wird. Der Track “Mmmhmm” mit Thundercat steckt voller Melodie, das scheinbare Freejazz-Chaos pausiert für vier Minuten Harmonie. Natürlich löst Flying Lotus diese Illusion wieder auf: House-Elemente, Pingpong-Sounds, Laura Darlingtons entrückter Gesang, ab und zu schimmert die Harfe durch dichte Synthieflächen. Auf der einen Seite ist Flying Louts musikalisch offener geworden und hat seinen Sound weiterentwickelt, auf der anderen ist gerade das improvisierte Element erhalten geblieben. “Cosmogramma” steckt voller Neuerungen, Details und Umbrüche und taugt besser zum Spiegel der Welt als das nächste ambitionierte Zeigefingerprojekt eines Rappers, der den Lauf der Dinge verstanden zu haben glaubt. Diese Platte ist schwer zu beschreiben und doch – oder ­gerade deshalb – schlicht großartig.

 

Text: Julian Gupta

 

 

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