Ende August wurde es tatsächlich Wirklichkeit: Lauryn Hill trat auf. In Berlin. Im Zuge einer Tour anlässlich des 20. Geburtstags ihres Debütalbums »The Miseducation Of Lauryn Hill« gab sie im Programm der Fashion Week ihr einziges musikalisches Stelldichein auf deutschem Boden seit … sehr langer Zeit – und verkündete zudem eine Kooperation mit der amerikanischen Modemarke Woolrich. Kampagnentitel: »American Soul Since 1830.« Ganz so lange ist die Ex-»Fu-gee-la« (Jahrgang 1975) zwar noch nicht dabei, hat mit ihrem ersten und einzigen Album als damals 23-Jährige aber weit mehr »American Soul« in die Welt getragen als den meisten Frauen ihres Alters je gelungen ist. Nach dem Fugees-Split verwob Ms. Lauryn Hill, wie sie sich heute nennt, auf »The Miseducation …« kongenial die verschiedenen (ur-)amerikanischen Genres und oszillierte gekonnt zwischen Soul, R’n’B, Jazz, Rock, Gospel und natürlich Rap. Die Basis, der spirituelle Kitt des Ganzen bildete jedoch zu jeder Zeit HipHop, und zwar bis in den innersten Kern. Ob auf dem funky Nineties-HipHop-Party-Sure-Shot »Lost Ones«, der latinofizierten Carlos-Santana-Kollabo »To Zion« oder dem zwischen Konziliation und Oberlehrerhaftigkeit einnehmend umherpendelndem »Doo Wop (That Thing)« mit Dr.-Sommer-haftem Aufklärungsauftrag an Jungs und Mädels bei den ersten unbedachten Pettingversuchen – auf knapp achtzig Minuten manifestierte Lauryn Hill nicht nur ihren Ruf als Ausnahmekünstlerin par excellence und Wandlerin zwischen verschiedenen musikalischen Welten, wofür sie ein Jahr später auch gleich mal mit fünf Grammys ausgezeichnet wurde, sondern fand durch den unpeinlichen Pop-Appeal der Platte auch Platz in den CD-Regalen von Nicht-HipHop-Haushalten zwischen Madonnas »Ray Of Light« und »Moon Safari« von Air. Außerdem sicherte ihr »The Miseducation Of Lauryn Hill« zudem einen lebenslangen Platz an vorderster Front der Female-Empowerment-Bewegung. Mehr kann man mit einem einzigen Album kaum erreichen.
Lauryn Hill – The Miseducation Of Lauryn Hill // Re-Issue der Ausgabe
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