Prinz Pi – Im Westen Nichts Neues // Review

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(Keine Liebe Records/Groove Attack)

Wertung: Viereinhalb Kronen

Als der Song »Weiße Tapete/Minimum« im vergangenen Oktober ein neues Pi-Album ankündigte, hieß es darin: »Heute ist die Bühne größer, Licht ist heller, Sound ist breiter.« Und das beschreibt – aufs Wesentliche heruntergebrochen – ganz gut die Richtung, die Pi mit seinem nordenlosen Kompass eingeschlagen und dabei herausgefunden hat: »Im Westen nix Neues«. Die gute Nachricht: Des Prinzen langjähriger Produktionspartner Biztram, der wegen eines Streits beim Vorgänger nicht involviert war, ist nun wieder mit an Bord. Wer deshalb jedoch eine Rückkehr zur Roughness vermutet, der irrt. Ja, die Drums kicken und die Tracks bringen den nötigen Druck mit, den man als »Rapper mit den Straußen­eiern« auf der Bühne braucht. Doch man findet auf dieser Platte auch zuckerwattige Akustikgitarren, Pianos und Streicher. Das Album ist durchsetzt von Atmos­phäre-hauchenden Emo-Chören, und insbesondere die gesungene Hook der Hitsingle »1,40m« von Philipp Dittberner (bei der ursprünglich mal Adel Tawil für noch mehr Kandis sorgen sollte) ist ein deutlicher Beleg dafür, dass Prinz Pi seine Regentschaft als Untergrundking längst zugunsten eines weitaus größeren Ziels aufgegeben hat. Dem einen oder anderen Fan der ersten Stunde mag das nicht schmecken, doch erstens ist diese Entwicklung anhand von Pis Diskografie schlüssig, zweitens hat er sich dafür nicht verbogen (von einem gesponserten Kurzausflug ins Neongrüne mal abgesehen) und drittens stemmt er die musikalische Verbrei­terung über weite Strecken seines neuen Albums souverän. Highlight: Der bleierne Titeltrack, der mit seiner Kombination aus Line-slappenden Lyrics, kraftvoller Delivery und einer bitterbösen Beat-Reduktion eine (un)gemeine Wucht entfaltet, als würde er implodieren. »Werte« funktioniert nach ähnlichem Prinzip: Pi arbeitet mit seinem stromschnellenden Flow gegen die fädenziehende Instrumentierung an und setzt eine einnehmende Energie frei, der man sich nur schwerlich entziehen kann. In »21:04 / Schwarzer Lack« übernimmt Pi die Zeitlupigkeit sogar textlich – und auch das funktioniert, weil Pi die seltene Gabe besitzt, aus scheinbar unbedeutenden Alltagsbeobachtungen bedeutsame Texte zu stricken. Man muss wahrlich kein Prophet sein, um zu ahnen, dass die Gefolgschaft des Prinzen größer werden wird – ganz egal, in welche Himmelsrichtung er sich mit dem Nachfolger auch bewegen wird.

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