Der Plusmacher hat es eilig: Gestärkt durch Bier und Bockwurst ist er ständig am Grinden und überquert eigentlich nicht mehr vorhandene Staatsgrenzen zwischen Amsterdam und dem Magdeburger Hasselbachplatz mit Dope in der S-Klasse. Auf der anderen Seite macht ein Einspieler von Deutschlands prominentestem Arbeitslosen, Arno Dübel, dem Hörer unweigerlich klar, dass der Plusmacher auch das Nichtstun liebt – der »Jobcenter Gangster« Plusmacher zieht dem gutbürgerlichen Dauer-Hustle ein Leben auf Staatskosten vor. Der Plusmacher ist im Endeffekt ein Hartz-Vier-Dauerabonnent und Drogendealer, der die Frauen nicht versteht. Einfache Schwarz- und Busfahrer sind für Plusi Untermenschen. Auf seiner Höhe sind vielmehr Menschen wie Karate Andi, dessen Line »Ich komme nackt ins Kuhdorf und der DJ spielt mein Lied« irgendwo zwischen dreistem Gebite und liebevoller Hommage an eine Savas-Zeile von vor knapp 15 Jahren liegt: »Ich steppe nackig in den Club und geb‘ dem DJ das Signal«. Und so ähnlich verhält es sich überhaupt mit Plusmachers »Ernte«: Einerseits liefert sie technisch einwandfreien Ertrag, frische Flows und konstanten, unverwüstlichen Boombap-Sound, ist dabei aber auch eine ständige Referenz – vor allem an Deutschlands Gangstarap-Elite. Und eben der fehle es an Eigenständigkeit und Innovation, könnte man aus diesem Album schlussfolgern. Unermüdlich werden die üblichen Straßenweisheiten bemüht: gib niemandem Ware auf Kommission, komm zum Treffpunkt immer allein, fahr Benz, hab Mama lieb, transportier Kilos, schieß, stich und beschlafe möglichst viele Frauen – möglichst gefühllos. Die ständige Demonstration der eigenen Vorstellung von Männlichkeit wird in kaum einer Sekunde gebrochen oder zumindest selbstironisch kommentiert. Vielleicht soll »Die Ernte« von einer Übertreibung leben. Aber die Grenze zwischen Zynismus und Ernsthaftigkeit verläuft mehr als uneindeutig. So lässt einen »Die Ernte« am Ende mit satten 18 Anspielstationen ein bisschen aufgekratzt zurück.
Text: Jan Burger