Die Pianoklänge fallen tonnenschwer in den weiten Raum. »That’s what it sounds like when you’re standing at the pearly gates«, erklärt eine Stimme, die es weiß. Traurige Synthieflächen schieben sich nach vorne. Rasul beginnt zu rappen. Gänsehaut. Emotionale Drums winden sich zwischen die Lines. »So, here I am/ putting misery to the page to serenades of a hanging slave. Depraved dialogues with the spirit of Isaac Hayes/ Telling God I’m on my way, tipsy of that E&J.« Die Stimme eindringlich, der Flow exakt auf dem traurig tröpfelnden Beat, jedes Wort ganz bewusst betont, weil jedes Wort wichtig ist. »Wonder if ya wanna hear/ what I really have to say. Welcome home!«
Im Mai letzten Jahres verstarb Ali »Rasul« Rakhshandeh überraschend in seiner Wahlheimat Vancouver. Der ehemalige Square One-Rapper aus München zog 2006 nach Kanada, um näher bei seiner Familie zu sein. In den mehr als drei Jahren auf nordamerikanischen Boden arbeitete er stets an neuer Musik, auch wenn er sich dort ein ganz neues künstlerisches Umfeld aufbauen musste. Ganz ohne Square One-Fame. Ganz ohne die Gewissheit, dass jeder weiß, dass er einer der besten (englischsprachigen) Rapper Europas ist. In dieser Zeit sind alle Songs von »Writing Colours« entstanden, seinem einzigen Solo-Album, das diese Woche der neuen JUICE-Ausgabe beiliegt. Rasuls Familie bat sein Frankfurter Management-Team von Starting Lineup nach dem traurigen Tod, seine Musik zu veröffentlichen. JUICE hat die Ehre, mit der Veröffentlichung dieses posthumen Albums das außergewöhnliche Talent Rasuls weiter am Leben zu halten.
»Welcome Home« ist die erste Single aus »Writing Colours«. Ein von Crada produziertes, so luftig wie emotional tonnenschweres Stück ehrlichster Rap-Musik. Meysam Motazedi, ein kanadischer Regisseur und enger Vertrauter Rasuls, drehte gemeinsam mit Andy McQueen zu dem Track in Vancouver ein Video. Das erste Konzept für das Video entstand im Februar 2010 noch gemeinsam mit Ali. Nach Alis Tod führte das Team der Produktionsfirma Wild Onez die Videoproduktion zu Ende. Darin bebildern sie den Schmerz über den Verlust, die Tiefe von Rasuls Lyrics, die zutiefst freundliche, aber oft unnahbare Art des Rappers und den bedrückend prophetischen Inhalt des Songs in verschwommenen Einstellungen. Und Rasul macht auf »Welcome Home« natürlich das, was er am besten kann: Er rappt so gut wie kaum andere. Er flowt »to the rhythms of solitude. The DNA of a fresh track in the molecules.« Er bleibt einem im Gedächtnis. Für immer.