
(Proletik / Believe)
»Es ist so lange witzig, bis es nicht mehr witzig ist« – mit diesen Worten gab Grandseigneur Gzuz einstmals den schmalen Grat an, der das Verfallsdatum von Humor markiert. Wie so viele Kalendersprüche ist auch dieser nahezu allgemeingültig, greift bei der Geduld von Straßenrappern ebenso wie bei dem Berliner Battlerap der Jahrtausendwende, dessen Provokationen erst schal und irgendwann moralisch bedenklich wurden, kurz: nicht mehr witzig waren. Seit Jahren arbeitet MC Bomber nun schon an einer Aktualisierung dieses Stils, die immer wieder als unbegabte Kopie missverstanden wird. Dabei sind natürlich gerade die schiefen, teils simpel dargebrachten Reime und der leicht deplatzierte Flow Charakteristika der aktuellen Rap-Kohorte, die Bomber schludrig-genial mit asozialen Ficktexten, kerniger Hauptstadtarroganz und stabilen Samplebeats zu einer schlüssigen Persona verwebt. Eine ekelhaft-bizarre Konsumschilderung wie »Drogenhöhle« oder das auf Achtziger-Synthies dargebrachte, koksgetränkte »Wie die Feste fallen« werden erst durch die räudige Vortragsweise glaubwürdig, ganz zu schweigen von den endlosen Bumsereien, durch die Bomber sich boxen muss. Thementracks wie »Kampfwesben« fallen dieses Mal hinten runter, was für einen deutlicheren Fokus auf die Kernanliegen sorgt: Sex, Drogen verschiedenster Härtegrade, die Degradierung von Bauern. Das Vinylknistern und die Zirkusansagerattitüde im »Intro« weisen das als lustige Inszenierung aus, die schräge Hooks und Pointen zu bieten hat, wobei gerade Letztere teils hart an der Schmerzgrenze agieren. Wenn in »Achtes Weltwunder« mit der Zeile »Weil ich so engagiert diese AfD-Meute hasse/Würd sich sogar diese Sookee von mir teebeuteln lassen« eine politische Positionierung gewagt wird, ist das begrüßenswert, aber verleiht dem ansonsten entpersonalisierten Sexismus ein Gesicht. In derartige Gefilde driftet »Gebüsch« immer wieder ab, bagatellisiert in »Pipettchen« rape culture und liefert Statements wie »Rap ist nach wie vor ne Männersache«. Mit DCVDNS hat er einen Gast auf der Platte, der 2017 erfahren durfte, wie schnell die spaßigen Provokationen einer Kunstfigur in einen Shitstorm münden können. »Gebüsch« funktioniert hervorragend, was nicht heißt, dass es sich nicht im Nachhinein als Anfang vom Ende des Witzes erweisen kann.
Text: Sebastian Berlich
[amazon box=“B079G9CWQ9″/]


