»Women can be kings«, entgegnet Little Simz im Intro der Behauptung, eben dies sei nicht möglich. Die Gender-Box öffnet die junge Frau aus London also selbst. Muss man deswegen über Simz als Female-MC reden denn einfach nur als MC? Nö. Denn sie grätscht mit dieser Behauptung einfach die Ignoranten weg; jene, die einen starken weiblichen MC maximal als starken weiblichen MC sehen können – nicht einfach als starken MC. Damit macht es Simz ähnlich wie US-Kollegin Angel Haze: Sie thematisiert erst, mit welchen rückständigen Geistern sie sich konfrontiert sieht, und lässt danach die unsägliche Debatte hinter sich, spuckt das »Female« vor dem MC zurück in die Steinzeit, wo es hingehört, und widmet sich der Musik. Nach vier EPs und fünf Mixtapes ist »A Curious Tale of Trials + Persons« ihr Debütalbum. Wer Simz bisher nicht kannte, wird vom Album überrascht sein. Denn es reitet nicht auf der neuen Welle des zwischenzeitlich verebbten Genres Grime. Simz blickt eher in Richtung Staaten und gibt sich stilistisch sehr vielfältig: In die Tiefe strudelnder R’n’B, von der Kombination Drake/»40« inspirierte Flow-Abfahrten auf nebulösen Beats sind ebenso Teil des Ganzen wie Gitarren-Samples und nostalgisches Winken gen Golden Era. Das Album-Highlight »Dead Body« verneigt sich dann schließlich gar vor Timbaland, bleibt in der Abwärtsbewegung an Trap-Musik hängen und referenziert gleichzeitig Kendrick Lamar. Und egal, wo dem Instrumental nun der Kopf steht, Simz leitet es mit sicherer Hand. Dank ihrer variablen stimmlichen Ausdrucksmöglichkeiten zwischen Gesang und bissigen Raps, mit denen die gerade 21-Jährige eine beeindruckende Innensicht anbietet. Um dieser folgen zu können, braucht es Geduld. Denn vom musikalischen Herumgefuchtle kann man sich auch abschütteln lassen. Litte Simz hat ganz offensichtlich viel zu sagen, es platzt förmlich aus ihr heraus. Dem Debütalbum hätte es nicht geschadet, das besser zu trichtern, noch konsequenter zu schleifen. Es ist trotzdem ein beachtliches, eigenes und mutiges, entzieht es sich doch dem Stempel »UK-Rap«. Und das 2015.