Lil Skies: »My family raised me on some real life shit« // Interview

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Der nächste kurzlebige Hype aus der sogenannten Soundcloud-Rap-Blase? Denkste. Nicht jeder gesichtstätowierte 19-Jährige versteht seine Nische im Rap-Kosmos so gut wie Lil Skies es auf dem Mixtape »Life Of A Dark Rose« demonstriert. Nicht jeder von ihnen kann eine Headliner-Tour durch Europa tragen, wie er es den Mai über tun wird. Dieser gesichtstätowierte 19-Jährige ist gekommen, um zu bleiben.

Selbst Lil Skies’ Bühnenname ist nicht dem Zeitgeist geschuldet: Sein Vater rappte unter dem Pseudonym Dark Skies – bezogen auf seine Hautfarbe (die Bevölkerung von Waynesboro, Pennsylvania, ist zu 90% weiß). Rap war musikalische Früherziehung. Die Vorstellung, Kinder müssten ein gewisses Alter erreichen, um mit bestimmten Themen oder Vokabeln umgehen zu können, spielte im Elternhaus des kleinen Skies keine Rolle. »My family raised me on some real life shit«, sagt er. Nur hin und wieder sei seine Mutter verärgert gewesen, wenn ihm beim Freestylen eine F-Bombe herausrutschte. Mit 15 entschied er, mit Musik einmal sein Geld zu verdienen, mit 16 begann er, sich tätowieren zu lassen – auf den Augenlidern. Diese Entscheidungen hängen miteinander zusammen, wie er auf dem Opener von »Life Of A Dark Rose« erklärt: »I got tattoos on my face, I use that shit as motivation/I can never get a job so for my dream I’m dedicated.«

Face Tats sind künstlerische Ausdrucksform, die den Körper als Leinwand verstehen, aber auch ein ganz bewusster Motivator, hart an der Rap-Karriere zu arbeiten. So gesehen war es also nur konsequent, dass Skies sich kurzerhand auch die titelgebende Rose über die Gesichtshälfte stechen ließ. Sie steht für das Aufwachsen in der Peripherie. Die talentierten Kids aus der Kleinstadt, die es auf die großen Bühnen schaffen, sind seltene Kleinode – oder eben dunkle Rosen.

Auch die Arbeitsweise grenzt ihn von sogenanntem Soundcloud-Rap ab, der Unmittelbarkeit durch kurze Abstände zwischen Inspiration, Produktion und Verwertung erzeugt. »Ich versuche nicht, zehn Songs an einem Tag aufzunehmen. Ich versuche, gute Musik zu machen.« An seinem Hit »Red Roses« hat er deshalb einige Wochen gearbeitet. Die ersten Zeilen offenbaren Respekt vor Drogen. »We get high to pass time but bitch, I ain’t no fiend.« Da war Lil Peep noch am Leben. »Jeder ist anders«, gibt sich Skies im Gespräch diplomatisch. »Peep war ein Popstar. Jeder wusste, dass er es nicht faket. Ich bin jedoch gegen Drogen, auch wenn die Teil der Kultur sind.« Skies’ Vortrag ist entsprechend klar, nicht intoxicated.

Skies’ Homeboy Landon Cole schreit parallel dazu von Alternative Rock inspirierten Gesang neben die melodischen Raps. Die beiden lernten sich über den Reaction-Youtuber Cufboys kennen. Das Video produzierte Cole Bennett, dessen Youtube-Kanal inzwischen ein ­Taktgeber für hungrigen Rap mit DIY-Ethos ist. Es bleibt alles in der Crew, auch wenn Atlantic Records inzwischen den Vertrieb macht: »Cole und ich waren Freunde, schon bevor wir gefilmt haben. Wir sind wie eine Person. Es ist echte Liebe ­zwischen uns, und so wird es auch ­bleiben.«

Foto: Nick Jandora

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