Lil Pump – Lil Pump // Review

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(Epic Records / Sony Music)

Wertung: Zweieinhalb Kronen

Man will es gut finden, dass sich ein 17-­Jähriger die Dreads grün und pink färbt, gängige Normen ignoriert und den in Stein gemeißelten HipHop-Konventionen mit provokanter Unbekümmertheit einen dicken Stinkefinger entgegenstreckt. Lil Pump, Baujahr 2000, hat einen Megahit mit über 230 Millionen Youtube-Aufrufen und mindestens doppelt so viele Soundcloud-Streams. Schaut man zurück, dann waren es schon immer die Jungspunde, die mit Regeln brachen und mit dem frischen Wind der Progression den vermoderten Stillstand wegpusteten. Wie viele vor ihm ist dabei auch Lil Pump Spiegelbild der gesellschaftspolitischen Entwicklungen, seine Musik Ventil für das Lebens­gefühl seiner Generation. In ihm kulminiert der Alltagseskapismus der Generation Snapchat, die sich mit Xanax und Codein der immer komplexer werdenden Realität verweigert. »Trapper of the century« – einen passenderen Titel hätte sich Lil Pump nicht geben können. Problem: Die juvenile Rebellion kippt leider in Respektlosigkeit und gleichgültige Drogenglorifizierung. Das ist problematisch, denn viele Anhänger seiner rapide anwachsenden Fanbase sind nach der Jahrtausend­wende geboren und somit begrenzt fähig, einzuordnen und zu reflektieren. Pumps Repetitionsmassaker sind im ersten Schritt unterhaltsam, und ohne Frage kann der Florida-Trapper Hits (»Gucci Gang«, »Iced Out«, »Crazy«). Zehn Tracks lang ist das Adlib-Gekreische auf hoffnungslos übersteuerten Beats aber vor allem eines: anstrengend. Es fällt schwer zu akzeptieren, dass Lil Pump nicht an konventionellen Qualitätskriterien zu messen ist. Die inhaltliche Leere, der beängstigend egale Drug-Talk und die Plastik-Beats sind schwere Kost. Man möchte dem hyperaktiven Hampelmann entgegen aller anti-autoritären Erziehungsüberzeugung seinen Double-Cup entreißen und mit ihm schimpfen; ihn an den Pranger zu stellen für den moralischen Verfall, ist aber natürlich falsch. Denn Lil Pump ist am Ende Ausdruck einer Welt, die Prä-Milleni­als weitestgehend verschlossen bleibt und liberale Musikschreiber in Angry Old Men verwandelt. So war es vermutlich mit jeder neuen Strömung in der Popmusik – und wird es auch immer bleiben.

Text: Juri Andresen

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