(JAW / Groove Attack)
Im Jahre acht nach »Täter-Opfer-Ausgleich« erträgt JAW die Dreistigkeit des Seins noch immer nicht. Er begegnet ihr mittlerweile allerdings eher resigniert als zornig, tritt ausgeglichener auf und widmet sich seinen inneren Dämonen, statt den Kampf gegen Windmühlen weiter auszufechten. Die eigenen psychischen Probleme sowie deren Medikation werden auf »DuDdS« ebenso thematisiert wie der Versuch, sich in einen gewöhnlichen Alltag einzufinden und seinem Gegenüber mit Hilfe metaphorischer »Masken« und dem Imitieren zwischenmenschlicher Gepflogenheiten zu begegnen. Jotta hat seinen omnipräsenten Hass abgelegt und hegt stattdessen den Wunsch nach einem normalen Leben. Natürlich kommt ein JAW-Release auch anno 2018 nicht ganz ohne bissige Ausbrüche daher, Songs wie der eloquente Rundumschlag »Nichts« bilden aber eher die Ausnahme. Dafür gibt es mit »Bis zum letzten Tag« eine unpeinliche Ballade, die den steinigen Weg der eigenen Beziehung greifbar und emotional nachzeichnet. Den gefühlsmäßigen Höhepunkt bildet aber das tieftraurige »Bye Mama«, ein wunderschöner, poetischer Abschiedsbrief an die verstorbene Mutter, der in seiner rührenden Melancholie und der ergreifenden Wortwahl für sich steht. Der reduzierte Pianobeat sticht ebenfalls deutlich hervor: Ein Gros der Instrumentale, bei deren Produktion Peter Maffya und Jotta selbst federführend waren, muten eigensinnig an. Statt staubiger Drums und unbehaglich schriller Sample- und Synthie-Lines ziehen sich analoge Verzerreffekte, echte Instrumente, unkonventionelle Arrangements und eine sinnvolle Dramaturgie durch »DuDdS«. Das mag ungewohnt erscheinen und geht nicht immer bequem ins Ohr, der mutige Ansatz beweist sich aber schnell als waschechter Grower und birgt in seiner futuristisch anmutenden Low-Fi-Machart eine spannende Klimax. Hätte JAW sich nicht acht Jahre Zeit genommen, wäre die Abwechslung sicherlich noch willkommener gewesen. So hätte es derartige Extravaganzen aber nicht unbedingt gebraucht.
Text: Skinny