JACE – Stich // Review

-

(Flavour Gang)

»Wer hat hier behauptet, dass ein Album ­kommt?« Keiner? Besser so! Es kommt nämlich auch keins. Zumindest nicht jetzt, wie Jace direkt zum Auftakt in sein neues Tape in offensivem Tonfall klarstellt. Nichts könnte die unorthodoxe Attitüde des jungen Hansestädters so punktgenau beschreiben wie dieser denkwürdig glanzlose Einstieg. Sein Rapstil ist, das beweist »Stich« nur einmal mehr, prinzipbe­dingt uncharmant. Verübeln kann man Jace seine schamlosen Seitenhiebe gegen Rapszene und Journaille dennoch kaum – dafür schweift sein trockener Zynismus der Marke »fress‘ deine Träume wie Tiramisu« zu oft auf eine sympathisch-selbstironische Ebene ab. Dass der Hamburger jedwede Kritik, mit der man seinen Output künftig konfrontieren könnte, schon im Voraus herausfordernd auf die Schippe nimmt, ist ein weiterer Beweis für seine stark ausgeprägte Abgeklärtheit. »Stich«, nach »Komme vorbei« und »Vorschuss«, das inzwischen dritte Solorelease des Flavour-Gang-Members, lebt neben kreativer Antihaltung und weirden Vergleichen vor allem von gnadenloser Unberechenbarkeit. Speziell die von SkoolBoy, Maru und Superproducer Farhot beigesteuerten Beats sind von harten Wendepunkten und durchgedrehten Samples geprägt und bieten eine angemessene Basis für flexiblen Stimmeinsatz und gekonnte Tempowechsel im sicheren Flow des Protagonisten. Dass sich Jace als einzigen Gast den Mannheimer Senkrechtstarter OG Keemo ins Boot geholt hat, mutet wie ein weiterer Mittelfingerzeig in Richtung Szene an und demonstriert gleichzeitig seinen wachsenden Status im Pool deutscher Newschool-Verfechter. »Stich« will keine runde Sache sein, zieht seine Stärke aus verwirrter Grundstimmung und dem Wechselspiel zwischen bodenständiger Nüchtern­heit und abgehobenem Habitus. Mal sehen, ob eines Tages endlich ein Album kommt.

Text: Alexander Barbian


Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein