Generation Azzlack: Unterwegs mit Haftbefehls musikalischen Ziehsöhnen // Feature

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Ähnlich sehen das auch Enemy und Diar. Die beiden Cousins aus Hannover komplettieren die neue Azzlack-Formation. Und auch sie haben nicht den klassischen Werdegang des Soundcloud-Hustlers hinter sich. Zwar wurde in der niedersächsischen Hauptstadt schon um 2013 an eigenen Tracks gewerkelt, der Erfolg hielt sich allerdings, gelinde gesagt, in Grenzen. »In Hannover wurden wir von allen nur gehasst. Die Rap-Szene dort ist tot«, erinnert sich Enemy – und man hat sofort eine Vermutung, wo der Künstlername herrührt.

Bei seinem Cousin Diar musste Enemy anfangs sogar eine ganze Menge Überzeugungsarbeit leisten, damit der das mit dem Rappen ein wenig ernster nimmt. »Die Jungs haben mich mies lange genervt, dass ich überhaupt mal mit ins Studio komme. Zu der Zeit haben wir alle schon so ein bisschen rumgeträumt. Und ich hab immer gesagt: ‚Wenn ich irgendwo signe, dann nur bei Alles Oder Nix – oder den Azzlackz.‘ Was anderes kam gar nicht infrage«. Besagtes Signing sei im Endeffekt durch einen spontanen Einfall zustande gekommen. »Wir haben unseren ersten Song aufgenommen und ihn dann in den Sozialen Medien gepusht. Unser Produzent proDK kam irgendwann auf die Idee, das einfach mal an Brate Azzlack zu schicken, den Homie von Haft.« Diar arbeitet damals noch in einer Lagerhalle. Er beschreibt die Phase als extrem orientierungslos. Ein Leben als Rapper? Zu dieser Zeit undenkbar. Verständlich also, dass er zunächst mit einem Scherz rechnet, als er eine Nachricht von einer unbekannten Nummer erhält. »Die Jungs hatten mir zwar schon gesagt, dass sich Haft eventuell bei mir melden würde – aber ich habe das natürlich nicht geglaubt. Ich öffne die Nachricht: ‚Was geht ab? Hier ist Aykut.’«

 
Wie bei Soufian fühlen sich auch bei Enemy und Diar die kommenden Monate an wie im Film. Das Azzlack-Umfeld um Haftbefehl, Olexesh und Milonair lädt die Jungs nach Bremen ins Hotel ein und gibt ihnen erste Einblicke ins Leben als A-Doppel-Z-Member. Enemy lacht, wenn er von seinen ersten Eindrücken erzählt: »Wir waren die Hartz-4-Empfänger dort! Digga, Schnitzel für 300 Euro?! Egal wie viel Geld du hast: Das ist krass!«

Eine erste Idee, wie das Projekt Generation Azzlack (benannt nach Haftis gleichnamigem Song) klingen könnte, gab es mit den eingangs erwähnten Feature-Parts. Da sonst aber kaum musikalische Referenzen vorhanden sind, ist es schwierig, über den GA-Sound zu orakeln – zumindest so lange, bis endlich Soufians für Januar 2017 angekündigtes Debüt-Mixtape »Allé Allé« in den Läden steht. Eine Sache lässt sich jedoch schon jetzt sagen: Enemy und Diar, vor allem aber Soufian, sind stark vom Trap-Sound der französischen Nachbarn inspiriert. Die Songs von Booba, Niska und SCH laufen bei Soufian auf Heavy Rotation, einige der Protagonisten zählt er zu seinen Vorbildern. Aber: Eine offensichtliche Parallele zum Sound seiner französischen Schaffenskollegen weist Soufian entschieden von sich: »Sobald man die erste 808 hört, schreibt jeder zweite in die Kommentarzeile: ‚Booba! Kaaris!’«, erzählt er. »Ich fühle mich zwar geehrt, wenn ich so was lese, aber ich mache keinen französischen Trap. Ich mache deutschen Trap – und den gab’s vorher nicht, Digga.«

Eine innovative Sound-Richtung also, losgelöst vom bekannten Azzlack-Kosmos? Was das Vorhaben GA vom familiären Sound aus dem Hause AZZ abhebt, ist die Frische, die Dynamik, das i-Tüpfelchen Arroganz mehr. Enemy, der neben seiner musikalischen Karriere einem Medizinstudium nachgeht, erklärt es so: »Wir sind immer noch so asozial wie die alten Azzlackz. Aber die Art, wie wir mit bestimmten Dingen umgehen, ist auf einer ganz anderen Ebene. Damals hätte man den Bullen geschlagen, heute ficken wir ihn mit seinem eigenen Paragraphen. Generation Azzlack wird Deutschrap genau so revolutionieren wie es die Azzlackz damals gemacht haben. Genau so – wenn nicht noch mehr«. ◘

Dieses Feature erschien in JUICE #177 (hier versandkostenfrei nachbestellen).
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