Nach drei Alben, darunter bereits zwei Klassiker, hatten Guru und Premier so etwas wie einen vorläufigen Zenit erreicht. Fast alles war auf “Hard To Earn” einen Deut fokussierter, zwingender, rauer und präziser. Schon allein das Intro mit dem mystischen Weather Report-Loop hat bis heute kein Stück an Bedeutung verloren. Der Jazz-Rap-Falle und sämtlichen Lounge-Compilations entkamen Keith Elam und Christopher Martin dadurch, dass sie ihren Soundentwurf nach “Jazzmatazz” respektive Buckshot LeFonque zurück nach Brooklyn holten. Die Gang Starr Foundation, die mit Jeru und Group Home markante Mitstreiter aufwies, wurde nach “I’m The Man” erneut gefeaturet, und für “Speak Ya Clout” droppten Jeru und Lil Dap so gute Flows, wie sie es danach kaum noch vermochten (das in Rap-Hipster-Kreisen mittlerweile obligatorische Group Home-Bashing mag an anderer Stelle weitergeführt werden).
Von eigener Klasse war natürlich auch das bereits zwei Jahre alte “DWYCK” mit Unterstützung von Nice & Smooth. Aber auch Guru perfektionierte seinen monotonen Reimstil. Gefühlt kumulierten Straße, Stil, Flow, Autobiografie und Haltung im epischen “The Planet”, von Premo wieder mal so eigen in Szene gesetzt, wie nur er es zu dieser Zeit schaffte. Ganze drei krank gechoppte Gitarrentöne aus “It’s All Because She’s Gone” von Steve Davis waren vonnöten, um die perfekte Sound-Unterlage für Gurus Coming-Of-Age-Epos und Stadtteil-Huldigung zu gestalten. Premos geniale Fähigkeiten, Samples zu schneiden, manifestierten sich spätestens auch bei “Mass Appeal”, dem vielleicht minimalistischsten und hypnotischsten Stück Musik aus dem Gang Starr-Oeuvre. Auch hier führte Guru ganz im Zeichen der Zeit seine Erklärungen zum Thema Sellout aus, und mit “Mostly Tha Voice” bearbeitete er als erster einen Themenkomplex, mit dem sich bis heute Rapper wie etwa der Retrogott beschäftigen. Dieses Werk war neben “Ready To Die” der Soundtrack des Jahres 1994 und laut Mr. Len für Company Flow der Standard-Soundtrack für die Stunden vor ihrer Live-Show. Aiight Chill.
Chrysalis, 1994
Philipp „Sticky Dojah“ Lembke