Lloyd Banks Interview

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Totgesagte leben länger – getreu diesem Motto kehrte G Units Adjutant Lloyd Banks vor wenigen Monaten zurück auf die ganz große Bühne. Ganz ohne Labeldeal kreierte er mit »Beamer, Benz Or Bentley« einen der HipHop-Hits des Jahres. Jetzt erscheint das dazugehörige Album »The Hunger For More 2« auch in Deutschland.

Auch wenn die Marke G Unit seit dem kometenhaften Aufstieg zu Beginn des neuen Jahrtausends deutlich an Wert verloren hat, ist 50 Cents talentiertester Sidekick nicht in der Versenkung verschwunden. Das lyrische Talent, der hochnäsige Humor und seine außergewöhnliche Stimme haben Lloyd Banks stets relevant gehalten. Eine Twitter-Nachricht von Kanye West, in der er Lloyd Banks zum meist unterschätzten MC adelte, tat ihr Übriges, um den Rapper aus Queens erneut ins Gespräch zu bringen. Auf dem G.O.O.D. Friday-Leak »Christian Dior Flow« tat Banks sein Bestes, um Yeezys Aussage zu validieren. So fahren die G Unit-Aktien, die Prokurist Fifty einst selbstlos und mit Blick über seine eigene Karriere auf den Markt warf, späte Renditen ein. Trotz des Eindrucks, das Projekt Gorilla Unit sei mittlerweile dem Untergang geweiht, bittet der 28-jährige Banks erneut zu Tisch. Der Hunger scheint wieder da zu sein.

Lloyd Banks Ft. Juelz Santana – Beamer, Benz, Or Bentley HQ/HD (Official Music Video) EXPLICIT from Nxgodsgift on Vimeo.

2010 war dein Comeback-Jahr. Viele hatten dich schon abgeschrieben. Ein gutes Gefühl, es den Leuten zu beweisen?
Klar. In meinem Album steckt sehr viel Schweiß und Blut. Es fühlte sich an wie damals, als ich jeden Tag im Studio war. Damals hatten wir keine Verpflichtungen. Keiner hatte uns auf dem Schirm, die G Unit war hungrig und wollte die Welt erobern. Hinzu kam, dass ich auf einmal wieder independent war, ohne jemandem Rechenschaft schuldig zu sein. Es war wie 2001. Zwischen September 2009 und Neujahr 2010 habe ich fünf Mixtapes veröffentlicht. Die Strategie war, zum Höhepunkt an Neujahr die erste offizielle Single »Beamer, Benz Or Bentley« zu releasen. Für die Mainstream-Leute war das meine Wiedergeburt. Meine Underground-Fans waren mit viel Geduld die ganze Zeit über dabei. Ohne die Mixtape-Reihe hätte »Beamer, Benz Or Bentley« manche Leute vor den Kopf gestoßen. Für die gab es dann über ein Jahr verteilt den Gutter Shit. Jetzt ist es einfach schön, zurück zu sein. Gerade bin ich auf Europa-Tournee, danach geht es weiter nach Australien und Asien. Ich bin bis September 2011 ausgebucht – ich kann mich nicht beklagen.

Hättest du gedacht, dass »Beamer, Benz Or Bentley« weltweit so durch die Decke geht?
Ich wusste, dass es eine große Single wird. Auf den Mixtapes ging es ja immer eher aggressiv nach vorne. Dieser hypnotisierende Beat fiel aus diesem Rahmen. Deswegen habe ich mir auch viel Zeit für den Song gelassen. Die Idee zum Chorus kam mir schließlich beim Autofahren. Kurz nach dem Release der Single bin ich mit Yayo und Fifty für ein paar Gigs nach Europa gekommen und habe den ersten Hype um die Single überhaupt nicht mitbekommen. Auf einmal tauchten unzählige neue Versionen des Tracks von anderen Rappern auf. Jeder große Name hat seine eigene Version. Es kam mir vor, als hätten wir das Jahr 2004 und so kam ich auf die Idee, das Album »The Hunger For More 2« zu nennen.

Juelz Santana ist als Feature auf dem Track. Der Beef zwischen G Unit und Dipset ist allgemein bekannt. Die Kollaboration ist deswegen ein starkes Signal.
Zeit heilt alle Wunden. Man wird eben älter und reifer. Fifty und ich haben Juelz so oft bei irgendwelchen Events getroffen und es gab nie ein Problem. Für mich persönlich war das damals kein Beef, sondern eher ein gesunder Konkurrenzkampf. Wir saßen alle zur gleichen Zeit im selben Boot – egal ob Dipset, D-Block oder G Unit. Wir haben alle versucht, den Mixtape-Markt für uns zu gewinnen und alle hatten ihre ganz eigenen Erfolgserlebnisse. Genau das zeichnet HipHop für mich aus – es ist ein sportlicher Konkurrenzkampf. Außerdem wird man eben erwachsen. Und warum sollten wir jetzt nicht gemeinsam Geschichte schreiben? Genau das Gleiche gilt für D-Block. Heute arbeiten Fifty und Jadakiss problemlos miteinander. Jadakiss ist auch auf meinem Remix, Styles P. hat eine Kollaboration auf meinem Album und ich werde wiederum auf seinem zu hören sein. Viele Features auf meinem Album sind recht kontrovers und ziemlich unerwartet. Juelz und ich haben übrigens in letzter Zeit einige Tracks aufgenommen. Da wird also noch einiges mehr kommen.

»The Hunger For More 2« hätte ­eigentlich auf Def Jam erscheinen ­sollen, obwohl du bei Interscope ­gesignt warst. Auf einmal sind aber alle Deals geplatzt. War es nicht ­frustrierend, trotz der vergangenen Erfolge plötzlich ohne Label dazustehen?
Definitiv. Ich konnte mir anfangs gar nicht vorstellen, wie ein Leben ohne Majordeal für mich überhaupt funktionieren soll. Aber »Beamer, Benz Or Bentley« hatte solch einen großen Erfolg – ohne dass wir irgendwie Werbung dafür gemacht haben. Wir wurden von dem Erfolg völlig überrascht. Zur gleichen Zeit sind auch noch die iTunes-Verkäufe durch die Decke gegangen und auf einmal waren wir Platin. Bis auf den Majordeal hat alles wunderbar funktioniert. Man muss dazu sagen, dass es ja immer noch das Team von G Unit Records gab. Wir hatten also alles unter Kontrolle. Trotzdem war ich ziemlich erleichtert, als der Deal mit EMI unter Dach und Fach war.

Das Album hast du in deinem eigenen Studio aufgenommen. Das hat dem ganzen Projekt wahrscheinlich auch seine eigene Note gegeben.
Ja, mein erstes verdientes Geld habe ich damals gleich in ein eigenes Studio investiert. Man darf nicht vergessen, dass ich die Hälfte meines ersten Albums im Tourbus aufgenommen habe. Zeitgleich saßen wir an den Aufnahmen für das erste G Unit-Album. Auf Tour verarbeitet man ganz andere Eindrücke als zu Hause. Großen Einfluss auf das jetzige Album hatte meine alte Hood. Dadurch ist alles auch ein wenig dunkler geworden. Wenn du auf Tour bist, hast du ständig Spaß. Verschiedene Länder, unterschiedliche Leute, Mädels und Partys – das ist ein ganz spezieller Film. Dann entstehen eben Songs wie »Stunt 101«, »On Fire« oder »I’m So Fly«. Daheim höre ich täglich gute und schlechte Nachrichten. Meistens eher schlechte, was sich natürlich auch in der Musik widerspiegelt. Dieses Album klingt einfach erwachsener, weil ich große Freiheiten hatte und mir meine Zeit selbst einteilen konnte.

Auch Kanye West hat einen Gastauftritt, mit ihm hast du die dritte Single aufgenommen. Vor nicht allzu langer Zeit kam von seiner Seite großes Lob, als er dich zu den fünf relevantesten HipHop-Künstlern derzeit zählte. Wie geht man mit so einem Kompliment um?
Ich war gerade auf dem Weg nach New York, als ich davon erfuhr. Ich finde es super, dass er meine Arbeit so zu schätzen weiß. Vieles in dieser Industrie passiert hinter verschlossenen Türen. Dass ein so großer Künstler wie er mir öffentlich so ein Kompliment macht, ist eine große Ehre. Das zeigt auch, dass er nach wie vor die Musik anderer Künstler verfolgt. Solche Momente sind gerade für Newcomer wichtig. Die ­meisten Künstler sind recht naiv und denken nur an sich selbst. Die Auseinandersetzungen damals mit D-Block oder Dipset haben mir einfach gezeigt, wie scheiße es ist ist, nur an sich selbst zu denken. Gemeinsam kann man so viel mehr erreichen.

Seit dem Beginn deiner Karriere hat man dich als begnadeten Lyricist gefeiert. Dennoch standest du immer ­irgendwie im Schatten von 50 Cent. Sind diese Zeiten mittlerweile vorbei?
Nein. Aber nur weil ich der Meinung bin, dass ich schon bei meinem ersten Album aus seinem Schatten herausgetreten bin. Wenn man als Newcomer mit seinem ersten Album Doppel-Platin geht, übertrifft man alle Erwartungen. Ich meine, Fifty hat von seinem Debütalbum elf Millionen Stück verkauft. Es ist hart, da nicht in seinem Schatten zu stehen. Wenn man es so sieht, stehen wir alle in Eminems Schatten. (lacht) Keiner wird so schnell seinen Erfolg übertreffen. Ich bin davon überzeugt, dass ich ein herausragender Künstler bin. Ich bin nicht einfach nur gut. Aber es ist ein konstanter Kampf mit sich selbst. Viele Künstler geben sich irgendwann auf. Du gewinnst Fans, die dich erst mal bedingungslos feiern und wenn du erfolgreich wirst, hassen sie dich. Man macht es einem sehr schwer, wenn man stets mit 50 Cent verglichen wird. Ich bin einer der letzten Künstler aus New York, der mit seinem Debüt mehrfach Platin gegangen ist. Heute bin ich einfach Banks und feiere meinen eigenen Erfolg. Fifty wusste das immer. Natürlich möchte ich die Nummer eins sein und dafür respektiert werden. Natürlich will ich in einem Atemzug mit den Großen genannt werden. Das bringt aber auch viel Verantwortung mit sich. Ich habe noch einen weiten Weg vor mir. Ich war 21 Jahre alt, als ich ins Game kam. Dafür habe ich schon viel erreicht. Das vergangene Jahr war eben das Jahr der Liebe. Kein anderer Künstler hat 2010 so viel Respekt und Liebe erfahren wie ich.

Würdest du sagen, dass du New York mit deinem Erfolg wieder zurück in den Fokus bringst?
Hm, ich denke, dass »Beamer, Benz Or Bent­ley« definitiv seinen Beitrag geleistet hat. Ich würde mir aber nicht anmaßen zu behaupten, New York zurück gebracht zu haben. Mein Erfolg hat einige Leute letztes Jahr inspiriert. Keiner hat mich auf dem Zettel gehabt. Ich denke, das war nicht nur ein Signal an die erfolgreichen Künstler, sondern gerade an die Leute, die sich seit Jahren gerade so über Wasser halten können. Mir ist früher viel Hass entgegengeschlagen, mittlerweile hat sich das in Anerkennung verwandelt. Das habe ich für alle die gemacht, die man schon abgeschrieben hatte. Es zeigt, dass nichts unmöglich ist.

Die G Unit hat schon immer ­unbekannten Produzenten die ­Chance gegeben, sich auf euren Alben zu ­beweisen. Es hat immer der Beat ­gezählt und nicht der Name. Auf ­deinem neuen Album sind auch wieder einige unbekannte Produzenten dabei.
Genau. »Start It Up« ist das beste Beispiel. Den Beat hat Cardiac aus Philly produziert – total unbekannt. Aber er hat gleich einen Smash-Hit vorgelegt. Ich achte nicht auf Namen, sondern auf Musik. Meine Jungs und ich haben nie daran geglaubt, dass ein großer Produzent gleich einen großen Hit bedeutet. Ich brauche auch kein großes Studio für einen großen Hit. Viele meiner Songs sind in einem Hotelzimmer entstanden. Das gesamte »Beg For Mercy«-Album entstand in Hotelbadezimmern und im Tourbus. Für einen Namen würde ich niemals bezahlen. Wie gesagt, mein erstes Geld habe ich in mein eigenes Studio investiert, um meine Produktionskosten zu halbieren. Wichtig ist auch, sich Zeit zu nehmen, um nach neuen Talenten Ausschau zu halten.

Mittlerweile hat die G Unit wieder zurück zu ihrer Grundformel gefunden: Yayo, Banks und Fifty. Bekommen wir bald ein neues Album von euch zu hören?
Das hast du gut erkannt. Ja, wir sind wieder ganz am Anfang angekommen. Damals haben wir die Leute daran gewöhnt, uns immer zu dritt zu hören. Es ist schön, nach links und nach rechts zu schauen und Menschen an der Seite zu haben, denen du vertrauen kannst. Ich bin sehr stolz auf meinen Erfolg als Solokünstler, aber nichts ist schöner, als zu dritt auf der Bühne zu stehen. So haben wir gemeinsam angefangen und letztendlich auch alle unsere Träume verwirklicht. Und ja, es wird ein G Unit-Album in der Originalformation geben. Derzeit liegt jedoch mein Fokus auf diesem Album. Je erfolgreicher wir alleine sind, umso größer ist die Vorfreude, uns drei wieder gemeinsam zu hören. Was man nie vergessen darf: Fifty hat sein zweites Soloalbum für ein Gruppenalbum geopfert. Er war ein Künstler, der elf Millionen Alben verkauft hat. Er hätte gleich ein zweites Soloalbum nachschieben müssen. Aber er hat stets das Konglomerat und die Marke G Unit im Auge gehabt. Deswegen kam erst »Beg For Mercy«, dann mein und Yayos Solodebüt, daraufhin Young Buck und The Game. Dafür hätte Fifty viel mehr Anerkennung verdient. Ich kenne keinen anderen Künstler, der so etwas vor ihm geschafft hat. Die meisten Künstler denken in Dollars. Fifty aber denkt in Marken. Genau diesen Weg möchte ich derzeit gehen. Hoffentlich finde ich bald weitere Talente, um meine eigene Marke zu schaffen. Jetzt geht es mir aber nur um »The Hunger For More 2«.

Text: Stephan »Gizmo« Haramina

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