Eloquent und Torky liefern auf dem Liebhaber-Label Sichtexot ein Album ab, das sich dem Deutschrap-Zeitgeist verweigert und ihm Kunst entgegenstellt, die inhaltliche Tiefe und Langlebigkeit verspricht. Eloquent versteht sein Fach und geht in Battlerap-Manier auf all jene los, die HipHop nur als Industrie verstehen, in der sich gut verdienen lässt. Für schnelle Hypes und Social Media-Fame ist keine Liebe übrig, während Elo parallel die eigenen Struggles im Modus Minus ausbreitet. »So hoch verschuldet, du schaust zu mir auf« ist dabei nur eine jener gelungenen Punchlines, in denen Elo fundierte Sozialkritik unterbringt. Denn ja, auch der Wiesbadener will ein größeres Stück vom Kuchen haben, trägt diesen Wunsch aber ohne Egoismus, sondern in dem Bewusstsein vor, dass auch viele andere nicht gerecht behandelt werden. Auf »Regentanz« prägt die persönliche Perspektive Elos Zeilen, in denen er sich kritisch mit Integrationsparadigmen, Ausgrenzung und deutschen Ausländerbehörden auseinandersetzt. Intim, politisch, angriffslustig und anspruchsvoll umgesetzt. »Schaffe« führt die Systemkritik fort und nimmt die neoliberale Ideologie des heutigen Kapitalismus auseinander, die als nervenzersetzendes Hamsterrad genauso Kulisse für Elos Musik, wie für diesen Text und den Alltag der allermeisten ist. Dazu gibt es einen der besten Dexter-Parts to date zu hören, auch wenn der Yung Boomer selbst in der Kapitalismuskritik nicht auf Rotwein-Referenzen verzichten möchte. All diese Kritik ist nicht zwangsläufig neu, aber Eloquents Erkenntnisse finden in einer so großen Dichte statt, wie es nur wenige politische Rapper*innen in diesem Jahr geschafft haben. Dabei verzichtet er auf humorige Abschweifungen, stattdessen gibt es trockenen Klartext, der Inhalte auf den Punkt trifft. Torkys Produktionen unterstützen die Zeilen mit eher zurückhaltenden und geschickt arrangierten Klängen irgendwo zwischen verschwommenen Trap-Fetzen und minimalistisch instrumentierten Slow-Burnern, die durch einzelne Details und Melodieverläufe bestechen. Ihre beste Wirkung entfalten sie auf dem letzten Teil des Albums, der introspektiv ausfällt, während Featuregast Wandl mit brüchiger Stimme zusätzliche Lyrics einstreut. »Modus Minus« kommt von unten und schaut wütend nach oben zu jenen, die vom System profitieren. Elo nutzt seine persönliche Perspektive, um sich gegen die Zustände zu wehren und schafft es trotzdem, mehr als das eigene Wohlergehen im Blick zu behalten. Das Katana wandert in die Hand, jetzt wird auf Angriff umgeschaltet.
grim104 – Imperium // Review
»Imperium« ist eine große Reflektion über Veränderung und Vergänglichkeit aus der Perspektive einer Person, die sich selbst kaum kennt.
Kendrick Lamar – Mr. Morale & The Big Steppers // Review
Kein Erlöser, sondern nur ein fehlerbehafteter Mensch. Kendrick Lamar hat sein letztes Album bei TDE veröffentlicht.
Haiyti – Mieses Leben // Review
Haiyti dropt ihr Album »Mieses Leben« als Überraschung und stellt den Rest der Szene mit ihrem Output in den Schatten.
Disarstar – Deutscher Oktober // Review
Disarstar spricht auf »Deutscher Oktober« ohne sichtbaren Hang zur Selbstverstellung. Politischer Deutschrap war selten so ehrlich und gut.