Duzoe über »watchmeburn«, Lebensabschnitte und seine Community // Interview

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Anfang Juli hat Duzoe nach etlichen Jahren im Game sein Debütalbum »watchmeburn« veröffentlicht. Dort rappt er über mentale Gesundheit und Depressionen, lässt seine Hörer*innen am eigenen Prozess der Reflektion teilhaben und kennt kaum Tabus. Wir hatten ein paar Fragen, Duzoe hat Rede und Antwort gestanden.

Alleine im Titel »watchmeburn« steckt schon viel drin. Es ist eine Aufforderung, beinhaltet dich im Zentrum und zeigt, dass es nicht unbedingt angenehm wird. An wen richtet sich diese Aufforderung hauptsächlich? Welche Menschen sollen in dein Seelenleben eintauchen?
In erster Linie habe ich dieses Album für mich selbst produziert, weil ich mich selbst hab brennen sehen. Dass sich Menschen, die ähnliche Erfahrungen machen, davon angesprochen fühlen und es ihnen vereinzelt hilft, ist natürlich ein schöner Nebeneffekt.

Foto: Corn Dawg Records

Warum hast du dich dafür entschieden einen Song aus der Perspektive eines Stalkers zu machen? Welche Parallelen gibt es da zu deiner eigenen Biographie?
Keine eigene Perspektive. Aber das Thema ist wichtig. Stalking geht nicht klar und sollte von allen Seiten kritisch beäugt werden! Der Song soll nur aufzeigen, was eine der schlimmsten Konsequenzen sein kann, wenn so etwas nicht ernst- oder wahrgenommen wird.

Auf »Pluto« gibt es eine der englischen Hooks. Was macht englische Parts besser als die ganze Zeit auf Deutsch zu texten?
Mir geht es da eher weniger um die Sprache, als viel mehr ums Gefühl, die Phonetik und Aussage. Vielleicht rappe ich in zwei Jahren auf kantonesisch. Das wird so passieren, wie es sich für mich am Besten anfühlt und klingt.

Beim Titel »Dying« liegt erstmal die Vermutung nahe, dass es eigentlich der Tief- oder Endpunkt in einer Geschichte und in der Dramaturgie des Albums sein müsste. Der Song befindet sich aber in der Mitte des Albums und ist nicht das Ende. Was hilft dir dabei, die schwersten Phasen zu überstehen?
Es geht ums Sterben. Nicht um den Tod. Das Gefühl des Sterbens ist niemals das Ende der Dramaturgie eines Suizids. Also geht’s eher um das Gefühl des Dahinraffens, des Ablebens.
Und wenn Du weißt, was in den schwersten Phasen helfen könnte, ruf mich gern an.

»Pinky Promise« klingt nach der ersten kleinen Aufheiterung, die eng mit einer Beziehung verknüpft ist. Ist es dir schwer gefallen, das Alleine-Sein aufzugeben und sich anderen Menschen zu öffnen und über Probleme zu reden?
Nein, nicht unbedingt. Grundlegend hab ich mit meiner ehrlichen Musik (siehe »unfollow.me« EP) begonnen, damit ich mich eben nicht direkt jedem öffnen muss, sondern meine Lyrics für mich sprechen. Ich wollte nicht immer reden oder mich erklären müssen. Daher hab ich meine Gedanken einfach in Musik verpackt und mich so mitgeteilt.

Auf »Fallen« wird gegen die Darstellung von anderen Rappern geschossen. Was stört dich aktuell am meisten an der Szene?*
Bezüglich Deutschrap? Das ist wie im Fernsehen. Es laufen seit 15 Jahren dieselben 12 Staffeln »Two and a half man« mit eingespieltem Gelächter aus dem Off – irgendwann reicht’s.

Du spielst auf dem Album auch mit deinem eigenen Image zwischen einem bodenständigen Dude, der Sozialarbeiter ist, und einem ausdrucksstarkem Rapper, der den Drogen zugeneigt ist. Sind das zwei Seiten einer Medaille oder ist das einfach abhängig von deiner aktuellen Mood und Phase?
Ich erzähle auf dem Album von einem schwerwiegenden Abschnitt meines Lebens. In dieser Phase spielte einiges an (meiner Meinung nach) uncoolen Sachen auf meine Gefühlswelt ein und bestimmte meine Mood, welche sich aber im 5-Minuten-Takt wandeln konnte. Ein Hin und Her zwischen Scheiße, Depression, Hass gegen alle, am Meisten mich selbst und kritischer Selbstreflexion.

FTP II knüpft logischerweise an FTP von 2018 an, beide behandeln Abschiede. Was hast du aus dem ersten Teil mitgenommen, das den zweiten Teil inspiriert hat?
Im ersten Teil wird die Geschichte einer enden Beziehung eher einseitig beäugt: Sie verlässt mich, sie schlägt die Tür zu und sie nimmt die Schlüssel mit, da hat sie Schuld. Den zweiten Teil hab ich gemacht, um auch meine Verantwortung zum Ausdruck zu bringen. Dass jede Partei am Ende einer Beziehung mitwirkt. Um zu zeigen, dass es am Schluss dann doch immer zwei Seiten gibt. Auch wenn die Betrachtung der eigenen Person oft Hürden mit sich bringt, aber man sollte bereit sein, sich den Schuh anzuziehen.

»Abyss« beschreibt das Gefühl kaum wirklich in der Gegenwart präsent zu sein, außerdem sprichst du davon, deine besten Jahre verschwendet zu haben. Siehst du das wirklich so? Immerhin ist in deinen letzten (besten) Jahren auch viel Musik von dir erschienen.
Im Song spreche ich ja lediglich davon, dass die besten Jahre bereits verstrichen sind und der jetzige Zeitpunkt für mich vielleicht nicht mehr dazu zählt. Wer weiß, ob mir die besten Jahre nicht noch bevorstehen…. aber Kopf sagt nein.

Daran anknüpfend: In den letzten Jahren hast du auch viele deiner Fans gewonnen, die du im Zuge des Albums dazu aufgefordert hast, dir eine Art digitales Tagebuch zu schicken, in dem sie von ihren Erfahrungen berichten. Was hat dieser Austausch mit dir gemacht? Wie hast du die Worte deiner Fans aufgenommen?
Das führt uns zurück zu deiner ersten Frage. Es war nicht mein erstes Ziel eine Art Selbsthilfegruppe zu initiieren, sondern den Menschen, die sich eben von meiner Musik angesprochen fühlen ein Tool an die Hand zu geben, dass sie nutzen können um in den gemeinsamen Austausch zu gehen. Und ich bin dankbar, dass sich so viele Menschen daran beteiligt haben und das Ganze eine Community vereint und untereinander positiv stärkt.

Der letzte Song ist logischerweise der Endpunkt des Albums, gleichzeitig beziehst du diese Metapher dort auf mehr als nur die Geschichte des Albums. Wie kann man sich Zukunftsplanung bei dir generell vorstellen? Gibt es die überhaupt? Und wenn ja, welcher Schritt steht nach deinem Debütalbum an?
Wenn alles gut läuft, dann stehen hoffentlich bald mal wieder Konzerte auf dem Plan. Und dann gibt’s ja auch noch ODMGDIA… John hat als »Stockmann« ja auch zuletzt Solo-Tracks veröffentlicht. Könnte sein, dass wir auch wieder zusammen an Songs gearbeitet haben… wer weiß.

Fotos: Corn Dawg Records

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