»Excuse me, this is actually a private tour, so if you wouldn’t mind leaving then that would be great. Thanks very much.«
Mit allen Mitteln versucht man inzwischen, die Berliner aus ihrer eigenen Stadt zu vertreiben. Sei es mit Mieterhöhungen, Fensterglasbrillen, Schwaben-Diaspora oder höflichem Englisch. In Anlehnung an Sera Finales Klassiker aus dem Jahr 2006 besinnen sich nun fünf Berliner Urgesteine auf eine gute alte Prise Lokalpatriotismus, um dem kulturellen Genozid entgegen zu wirken. Produzent KD-Supier hat sich die Rapper Megaloh, Said, Silla und Sera Finale geschnappt, mit ihnen einen Berlin-Track aufgenommen und anschließend noch ein unterhaltsames Video gedreht. Bühne frei für »Die Stadt überhaupt«.
Erster Halt: Bahnhof Zoo. Moabits Finest Megaloh mimt den nicht zum Spaßen aufgelegten Security-Guard, flext seine Mathe-Skills und verteilt Props an Pommes Rot-Weiß. Kraftklubs Abneigung für »I<3 Berlin«-Shirts teilt der Mann zwar, aber um bei dem ganzen Anti-Berlin-Backlash die Macht wieder ins Gleichgewicht zu bringen, müssen Megas Jedi-Skills herhalten. Ein Laserschwert-Kampf von Kraftklub gegen ein paar von Megalohs Moabiter Freunden. Das wär mal was.
Danach geht es zu Said in den Späti deines Vertrauens. Oder wirkt der Kerl hinter der Theke mit der Sturmmaske etwa nicht sonderlich vertrauenswürdig? Jedenfalls scheinen die beiden ebenfalls maskierten »36 Boys«, die kurzerhand hereingestürmt kommen, um den Laden auszurauben dann doch etwas sympathischer. Schließlich vergessen sie nicht in all der Hektik der Flucht, dem munter weiterrappenden Said noch ’ne Molle in die Hand zu drücken. In Berlin sind halt auch die Gangsta korrekt.
Für die gescratchte Hook rollt anschließend die erste Welle der namhaften Gäste an, um der Quadriga zu salutieren. Alpa Gun ist am Start, Bogy ist am Start, Harris ist am Start, Sido ist am Start, Ben Salomo verpasst den Beat und Playboy 51 freut sich sichtlich darüber, dass er auch am Start sein darf. Ebenfalls am Start ist der totgeglaubte John F. Kennedy. Nein, es ist doch nur Silla, der da in souveräner Präsidenten-Manier zum Volk spricht. Wie einst Martin Luther King erzählt er in seiner Rede von seinen Träumen. Allerdings drehen die sich bei ihm nicht um Gleichberechtigung, sondern um Westberliner Stolz auf die eigene Musik-Kultur. Stolz kann er sein auf Taktlo$$, Die Sekte, Bassboxxx, Orgi und Specter. Und der kann stolz sein auf seine goldenen Schallplatten.
Stolz zeigt sich auch der Berlin-Führer Sera Finale, zur optimalen Erkennung mit lila Mütze ausgestattet, wenn er seine Berliner Bagage durch die Touri-Gegenden der Stadt führt. Stolz allerdings auf die Bagage und nicht auf die Gegend. So werden bei Seras lyrischer Panzerfahrt durch Mitte halt auch mal Rentner- und Studentengruppen überrollt. Ganz im Sinne der Herren Fler, Staiger, Tarek, Maxim, Nico und D-Bo. Denn sie alle wissen Bescheid: Wir sind nicht die Hauptstadt, biatch, wir sind die Stadt überhaupt.
(ao)