(Normale Musik / Groove Attack)
Audio88 hat den sechsmillionsten Grund zu sterben erfunden: Tod in der Disko, gestolpert über einen Muskelberg. Ansonsten ist der Berliner Rapper kein Erfinder – musikalisch klingt hier alles wie es immer klang. Und damit direkt Strich unter die Abhandlung zur Musik auf »Sternzeichen Hass«. Audio88 ist nicht wichtig, weil er im HipHop ständig das Rad neu erfindet, sondern weil er die Kunstform nutzt, um in die Hölle zu fahren und sich umzugucken. Dringlichkeit im westlichen Wohlstand ist eine Kunst. Audio88 beherrscht sie. Auch auf seinem zwölften Album (die mit Yassin mitgerechnet) wird er nicht müde, sich gegen das offensichtlich Falsche zu stellen: gegen blinde Systemhörigkeit, Bigotterie, Schrebergartengedankengut und Backpacker-Weisheiten – alle kriegen ihr Fett ab. Gut, dass er die Texte schreibt, die er schreibt – denn: »Geschichte wird von Überlebenden geschrieben«. Und viele, die reden sollen, werden mundtot gemacht. Oder umgebracht. Die eine Hand am Mic, die andere reicht er allerdings niemandem, sondern verteilt schallend Schellen. Wenn man Audio88 eines vorwerfen kann, dann seinen Hass (mit dem er allerdings auch kokettiert). Wie so viele schlaue Linke, versteht er es nicht, die Kluft zwischen den Menschen kleiner zu machen, sondern trägt mit aggressivem Besserwissen und Polemik weiter zur Lagerbildung bei. Gut, »Sternzeichen Hass« ist kein Dialog, sondern ein Rapalbum. Und: Der Audio schließt sich selbst von der Kritik nicht aus. Wenn eine Erfindung Not täte, dann die Antwort auf die Frage: Wie kriegen wir das Richtige ins Falsche?
Text: Philipp Kunze