Dexter – Haare nice, Socken fly // Review

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(WSP Entertainment)

Wertung: Vier Kronen

Es lohnt sich, vor dem Genuss dieses Albums kurz zu resümieren, wie schief Dexters Versuch hätte gehen können, seine behutsam ange­schobene Rapkarriere mit einem vollwertigen Album auf die nächste Ebene zu heben. Bisher hatte ihn die bloße Kuriosität seines Auftritts durch sämtliche Feature-Untiefen getragen, doch über zwölf Songs hinweg im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen, geht natürlich mit anderen Ansprüchen an Skills, Themenvielfalt und Charakter einher. Was im schlimmsten Fall möglich gewesen wäre, zeigen vereinzelte Lines, die sich in vorauseilendem Gehorsam für ihre tollpatschige Wortwahl entschuldigen und damit eine lyrische Hüftsteife mit sich bringen, die die Prämisse »rappender Kinderarzt aus Heilbronn« ohnehin verspricht. Ärgerlich, aber nicht verheerend sind diese Stolpersteine vor allem, weil »Haare nice, Socken fly« sonst vor allem durch ein Diktat der Entspannung besticht. Dexters Fähigkeiten als Rapper sind nach wie vor moderat, er muss jedoch auch nicht mehr als ein paar unterhaltsame Zeilen liefern. Die wahre Magie passiert weiterhin bei den Beats, die mühelos warme Samples und zeitgemäße Ästhetik verbinden. Paradigmatisch gut funktioniert das im Fall der LGoony­-Kollaboration »Palmblätter«, obwohl mit einem solchen Gast nun vielleicht weniger zu rechnen war als mit den ebenfalls vertretenen Weggefährten Fatoni, Jaq und Retrogott. Der Anschluss an die aktuelle Rap-Generation, zu der auch ein stichelnder Ahzumjot im ignoranten »Frag mich nicht« gehört, ist aber zweifelsohne die richtige Entscheidung, weil es bei Dexter ebenfalls eher um Atmosphäre als um die Konservierung tradierter HipHop-Bilder und MC-Ideale geht. Damit spielt »Haare nice, Socken fly« offensiv: Berichtet wird hier aus dem gehobenen Mittelstand, bereut wird nichts, die größten Abenteuer bestehen aus DJ-Gigs und dem Hinterlassen leerer Weinflaschen. Mit diesem geschlossenen Themenkreis gelingt es zudem, die Fahrigkeit anderer Produzentenalben zu vermeiden, die weniger nach eigener Handschrift denn einer Sammlung von Auftragsarbeiten klingen.

Text: Sebastian Berlich

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