(Babygrande Records)
Die Kulisse steht. New York, dunkle Nacht, Mülleimer unter Straßenlaternen, Streetball-Courts hinter Zäunen, Henney. Havoc und Alchemist kennen sich seit 1999. Auf Mobb Deeps »Murda Muzik« findet sich der erste Alchemist-Beat, viele folgten. Auf »The Silent Partner« nun klingen die beiden, als könnte man gute Chemie tatsächlich über 17 Jahre konservieren. Sie halten es »thoro«, um hier Havocs Partner Prodigy (neben Method Man und Cormega der einzige Gastrapper) zu zitieren. Havoc erzählt grimmige Geschichten aus einer Welt, in der noch gekocht wird, statt den cooking dance zu machen; in der junge Männer in den Blocks um ihr Leben rennen, statt an der running man challenge teilzunehmen. Kurzum: Havoc lässt beim Schlafen ein Auge offen. Der beste Rapper war er nie, das hat sich nicht geändert. Auch wenn er hin und wieder klingt, als hätte er akribisch Pusha T studiert. Aber er besinnt sich auf dem Album eben auch auf seine Stärken wie seit einem guten Jahrzehnt nicht: Er fletscht die Zähne, tupft sich die fiebrige Stirn über Alchemists Malaria-Drums, und zaubert dir eine Sozialbautenschlucht ins Wohnzimmer. Auch die Gäste klingen, als hätten sie noch keine Fünf-Sterne-Suite gesehen, sondern kauerten in ihren quadratischen Fenstern hinter heruntergelassenen Rollos, bedroht von echten und halluzinierten Feinden. Alchemists Beats treiben den Rappern ihre Dämonen einfach mal wieder ein. Der Produzent zeigt sich in Höchstform, ist vintage und contemporary in einem. Seine Beats haben gleichzeitig den knochentrockenen N.Y.-State-Of-Mind vergangener Tage und den leicht psychedelischen Überbau, den Alchemist von seiner Zeit mit Oh No mitgebracht hat. Saxofon, ein verschwurbeltes Glockenspiel, Blubbern, Bass und bedrohliche Synthflächen entwerfen die paranoide Hitze in einem muffigen Crack-Zimmer unter klapprigem Ventilator; Klavier und stumpfe Drums schleifen den wahnsinnigen Patienten auf den kalten Bordstein. »Seen all that«, sagt Havoc etwas mehr als fünf Sekunden vor dem Ende – und der Hörer hat’s auch gesehen.
Text: Philipp Kunze