(Headrush/Groove Attack)
Sieben Jahre nach seinem Einstand ist Olli Banjo an einem Punkt in seiner Karriere angelangt, an dem er die perfekte Balance zwischen komplexen Inhalten, kreativer Soundästhetik und einer gewissen Geradlinigkeit gefunden hat. Klar, auch auf “Kopfdisco” gibt es oberflächlich gesehen nicht den offensichtlichen Klingelton-Hit, aber wer Banjos Musik auf kommerzielle Verwertbarkeit reduzieren will, hat sie ohnehin nie verstanden. Der Kölner Geschmacksdiktator war schon immer mehr Anti als Pop – ein Künstler, der unerschütterlich für seine Ideale eintritt und den ideellen Feind explizit benennt: Dummheit, Ignoranz und Oberflächlichkeit in jeglicher Ausprägung, von dummdreistem Gangsta-Gepose bis hin zum künstlichen Schönheitswahn der Generation GNTM. Seine Message verpackt er nicht mehr mit ironischem Augenzwinkern, sondern spricht die Dinge unverblümt und direkt aus – streckenweise hat das etwas von dem stilistischen Wandel, den Blumfeld einst auf “Old Nobody” vollzogen haben: Bequeme Ironie weicht einem unverblümten Pathos, der Angriffsflächen öffnet und gleichzeitig unendliches Identifikationspotenzial birgt. Ohne Herablassung, dafür mit unfickbaren Skills pöbelt er seinen ganzen Frust über RTL2-Irrsinn, Facebook-Freundschaften und Wohlstandshedonismus in die Welt hinaus. Wer jetzt einen spaßbefreiten Moralrundumschlag befürchtet, sei beruhigt: “Quando” ist ein Throwback in die Zeit von “2 Mäk Ripp, bitte”,“Randale in der Sonderschule” rechnet sarkastisch mit Fitnesswahn, Ananasfrisuren und Kanaksprak ab, und im Mittelteil von “Straight Outta Compton” gibt es eine Country-Version von Ice Cubes eröffnendem Verse aus gleichnamigem N.W.A.-Klassiker zu hören. Im Ergebnis ist “Kopfdisco” allerdings deshalb so stark, weil sich der MC zu keinem Zeitpunkt mehr hinter seinen eigenen und den Fähigkeiten seiner Produzenten Roe Beardie und Bounce Brothas versteckt, sondern sie stattdessen souverän nutzt, um seine inhaltliche Aussage zu transportieren. Jesus, Wahrheit, Loyalität, Treue – Olli Banjo geriert sich auf “Kopfdisco” als unverbesserlicher Krieger für das Gute und Echte. Ob er diese Schlacht gewinnen kann, ist nebensächlich. Wichtig ist, dass er sie nicht kampflos aufgegeben hat.
Text: Stephan Szillus