»Raus in die Welt«, von Köln-Chorweiler nach Wien-Kaisermühlen. Brenk, wahrscheinlich Europas bester Beat-Bauer und Momo, einer der vielversprechendsten Newcomer des Landes, auf einem Track. Das dazu entstandene Video mit der Posse am Basketballplatz feiert heute bei uns Premiere. JUICE-Exclusive goes Kino. Im Anschluss der HipHope-Artikel über Momo aus JUICE #144.
Wer Momo nicht kennt, hat wahrscheinlich aufgrund seines Namenzusatzes »der Afrikaner aus dem Block« gleich die gängigen Klischees muskelbepackter Straßenrapper mit kleinkrimineller Ticker-Vergangenheit im Kopf. Hört man den erst 18-jährigen Afrikaner aus dem Block dann aber rappen, wird schnell klar, dass man hier mit dem üblichen Schubladendenken der Deutschrap-Szene an seine Grenzen stößt – zu geschichtsbewusst seine Beatauswahl, zu authentisch sein Werdegang, zu individuell und unverfroren der Style der rheinländischen Frohnatur.
Im Alter von einem Jahr zieht Momo, der in Lomé im Togo geboren wird, mit seiner Familie nach Köln, wo sie vorübergehend in einem Asylheim am Hansaring unterkommen. Seinem späteren heimischen Block Köln-Chorweiler hat er seitdem nicht mehr den Rücken gekehrt. Hier lernt er das Laufen, die deutsche Sprache und entdeckt nur wenige Jahre später auch seine Liebe zu Rap. Die musikalische Früherziehung leistet sein Vater, dessen weitere Rolle Momo im Interview mit »der ist mittlerweile aber weg« relativiert. »Schon als kleines Kind habe ich die ganze HipHop-Schiene mitbekommen. Selber angefangen habe ich durch Bone-Thugs-n-Harmony, 2Pac, Dogg Pound. Natürlich haben mich auch New York-Sachen von Big L und vielen anderen inspiriert«, Momos Rap-Sozialisation liest sich eher untypisch für die eines 90er-Kids. Seitdem der selbsternannte »Freestyle-Fanatiker« vor knapp anderthalb Jahren sein erstes Mixtape »Gegen den Strom« ins Netz stellt, gilt er für die Jungs aus der Zone, wie der Chorweiler Kiez hier genannt wird, als Hoffnungsträger und Sprachrohr zugleich. Deutlich wird das auf Songs wie »Platz an der Sonne«, über den Momo sagt: »Der Song gleicht einem Hungerschrei aus dem Block. Wobei Hunger nicht wortwörtlich zu verstehen ist, es ist eher ein Schrei nach Anerkennung«.
An Silvester 2011 geht das darauffolgende Mixtape »Bonami« online. »Bonami« steht im kenianischen Dialekt für »Krieger« und ist ein oftbenutzter Ausdruck im Freundeskreis, der zugleich seinen Lebensweg passend charakterisiert. Der »Oldschool HipHop«-Banner auf dem Cover mag aufgrund der modern klingenden Produktionen verwirren. Und doch verdeutlicht er Momos ambivalentes Verhältnis zu neueren Entwicklungen im Rapgeschäft: »Ich höre mir gern die alten Sachen an, weil mich das mehr anspricht, das ganze neue Zeug ist mir zu mainstream. Ebenso wenig mag ich aber dieses extrem Rückwartsgewandte. In Sachen Flows und Inhalte habe ich schon versucht das Ganze modern zu halten«, gesteht der Kölner, der sich gerade durchs Abitur kämpft. Frühestens Ende des Jahres sollen die Arbeiten am Debüt-Album beginnen. Davor steht mit »Pariser Platz« erst noch ein Mixtape für den Sommer an, auf dem sich neben Beats von Slaughterhouse und Wiz Khalifa konsequenterweise auch klassische Instrumentals von MC Eiht und Biggie befinden sollen. Die Unbekümmertheit, mit der Momo seinen natürlichen Charme mit technischer Begabung verbindet, steht, ob bewusst oder unbewusst, ganz im Zeitgeist seiner Generation, die in erster Linie einfach wieder Spaß an diesem Rap-Ding haben will.
(cs)