Pöbel MC – Bildungsbürgerprolls // Review

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(Audiolith Records)

Wertung: Viereinhalb Kronen

Dass Pöbel MC zu Rappen begann, ist erstaunlicherweise noch gar nicht so lange her. Streng genommen kaum mehr als fünf Jahre. Drei wuchtige Solotapes, eine elf-gliedrige Kollabo-Platte mit Milli Dance von Waving the Guns und allerhand bestandskräftige Präsenz auf den Brettern der Republik später, hat die »PMC-Ein-Mann-Armee« längst ihren Einzugsbereich in der hiesigen Conscious-Rap-Landschaft abgesteckt. Und zwar mindestens dort. Obgleich stilistisch variabel hatte sich »der Pöbler« bislang fast ausschließlich auf eloquente Rüpelei und undogmatisch-pointierte Gesellschaftskritik auf energischen Drum-Stafetten konzentriert und dabei weitgehend auf die Preisgabe autobiografischer Elemente verzichtet. Mit »Bildungsbürgerprolls« wagt Pöbel MC nun den nächsten, enorm wichtigen Schritt zum fertigen, letztgültig unverwechselbaren Künstler: Zum ersten mal lässt er konkrete Einblicke in die persönliche Patchwork-Sozialisierung im Nachwende-geprägten Rostock zu und spricht zwischen lockeren Lobeshymnen auf das rauschende Lotterleben und Abgesängen auf politische Realitäten überraschend ungehemmt über eigene Verwundbarkeiten und Intimitäten. Pöbel weitet den bereits auf den letzten Releases begonnenen Reflexionsprozess der ureigenen Widersprüche – offensichtlich sehr bewusst – nun auf ein Höchstmaß aus, provoziert die Momente, in denen Klischees jeglicher Art widerlegt werden und der leichtfüßig artikulierte Battlerap-King-Status innerhalb eines einzigen Zeilenwechsels in ein offenherziges Bekenntnis zur eigenen Schwäche umschlägt. Und so fühlt sich »Bildungsbürgerprolls« an, wie ein feierlicher intendierter Clash: Zwischen halbernstem, zugespitztem Stumpfsinn à la »die Mische schmeckt scheiße, aber ballert dafür gut / ist das jetzt metaphorisch? Nein, sie ballert halt nur gut« und scharfsinnig-drakonischer Selbstanalyse der Marke »ich bin verliebt, doch leider nur in mich / Toys kann man wegficken, Einsamkeit nicht«. Damit einhergehend liefert die Platte in ihrem Gesamtbild die fundierte Antithese zur landläufigen Vorstellung, dass ungezügelte Trainingseinheiten am Sandsack und wüste Suff-Eskapaden nicht automatisch den Genuss hochwertiger Literatur ausschließen müssen. »Bildungsbürgerprolls« bietet eine Identifikationsfläche für all jene, die verstanden haben, dass Identifikation nicht um jeden Preis erstrebenswert ist. Prädikat: Wertvoll.

Text: Alex Barbian

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