KAHEDI – Interview

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Der Name von Joy Denalanes Produktionsteam KAHEDI ist ein Akronym für die Nachnamen der drei Mitglieder: Samon Kawamura, der japanischstämmige DJ und Producer, der bereits mit Till Brönner, Aloe Blacc oder Sa-Ra Creative Partners zusammenarbeitete. Max Herre, der ehemalige Freundeskreis-Frontmann und erfolgreiche Solokünstler. Und Roberto Di Gioia, ein italienisch-deutscher Jazz-Pianist, dessen Karriere einst bei Klaus Doldingers Fusion-Truppe Passport begann. KAHEDI sind angetreten, mit »Maureen« die deutsche Musiklandschaft reichlich aufzumischen. Mit einem ordentlichen True School-Background und einem musikalischen Horizont von Afrobeat bis Zouk. Von 2011 bis in die Unendlichkeit.

Wann habt ihr Kahedi gegründet?
Max: In der Konstellation haben wir schon für meine letzte Platte viel gemacht. Zum ersten Mal haben wir 2007 zusammengearbeitet. Damals wollte ich mein zweites Album noch wie einen Hybrid aus Rap und eingespielten Sachen konzipieren, so wie die erste Soloplatte. Dann hat sich das Leben jedoch in eine andere Richtung entwickelt und so ist eine reine Singer-Songwriter-Platte entstanden. KAHEDI nennen wir es aber erst seit letztem Jahr, als wir den Remix für Hugh ­Masakela gemacht haben.
Samon: Als wir angeboten bekommen haben, gemeinsam was für Masakela zu machen, war das der Startschuss. Max ist ja familiär auch sehr affin zu dem Thema. Es fühlte sich sehr gut an, in dieser Konstellation fremde Sachen zu machen.

Wie sieht die Arbeitsteilung aus?
Samon: Eigentlich ändert die sich von Song zu Song. Max kennt sich einfach musikgeschichtlich sehr gut aus und hat sehr große Visionen. Er setzt die Schwerpunkte im Vocal- und Textbereich, also im inhaltlichen Bereich. Roberto ist ein Multi­instrumentalist, ein echtes Genie. Ich selbst sitze am Rechner, tobe mich am Schlagzeug aus und denke eher beatmäßig.
Max: Eine unserer Stärken ist sicher, Musik selbst zu generieren, die wie gesamplet klingt. Wenn du Joys Single »Niemand« hörst – da ist kein Sample drin. Das ist alles hier in diesen zwei kleinen Räumen eingespielt worden. Dafür steht KAHEDI – wir spielen es ein und choppen uns selbst. Wir kommen zwar aus dem HipHop, aber lieben es, die Musik an ihre Wurzeln zurückverfolgen. Wir machen heute ein Klezmer-Stück, morgen was mit Afrobeat und übermorgen eine Soul-Anthem. Was all die Dinge verbindet, ist unsere Suche nach einer bestimmten Erdigkeit und Tiefe.


Freundeskreis – Mit Dir feat. Joy Denalane von FourMusic

Samon, du hast zwei tolle Solo-Beat-Platten gemacht: »Transitions« (2007) und »Unfold« (2008), die leider in der HipHop-Szene ein wenig verschlafen wurden. Wie sah deine musikalische Sozialisation aus?
Samon: Wir sind ja alle in den Siebzigern geboren und haben die späten Achtziger und frühen Neunziger erlebt. Ich bin zwar in Tokio aufgewachsen, habe aber die gleichen Sachen gehört. Afroamerikanische Musik war in Japan sehr stark vertreten. Ich habe mit Schlagzeug angefangen, später habe ich aufgelegt. Nach dem Abitur, das ich auf der deutschen Schule in Tokio gemacht habe, bin ich 1994 nach Köln gezogen und wollte Musik machen. Dort habe ich schnell eine junge Crossover-Band aus Hannover kennen gelernt, bei der ich als DJ eingestiegen bin. Währenddessen habe ich daran gefeilt, selbst Beats zu machen. Ich bin aber nie in die deutsche HipHop-Welt reingekommen, denn meine Band war eher pop-orientiert, da gab es kaum Überschneidungen. Später bin ich im Jazz bei Till Brönner gelandet und habe mit ihm 2001 die Platte »Blue Eyed Soul« gemacht, die ein Versuch war, unsere Welten zu vereinen. Danach bin ich weiter meinen Weg gegangen – und spätestens als ich Pete Rocks »Petestrumentals« gehört hatte, wusste ich: Für Instrumental HipHop schlägt mein Herz.

Welche Interessen verbinden euch Drei?
Samon: Uns vereint eine große Liebe zu den Originalen, aus denen HipHop entstanden ist. Es gibt diese HipHop-Basis, aber wir hören die Originals eben auch.
Max: Jeden Tag! Samon ist der größte Digger, den ich kenne. Das ist unsere große Liebe. Wir entdecken ständig neue Sachen, auf die wir flashen, sei es Musik aus Sri Lanka oder irgendein vergessener Soul-Veteran. Es gibt einfach immer wieder etwas zu entdecken, was einem neuen Input gibt.
Samon: Das Spannende ist, dass wir mit KAHEDI eine Plattform für Ausflüge in jegliche Art von Musik haben – neben unseren Soloprojekten. Das macht einfach nur Spaß.

Was habt ihr mit KAHEDI in der Zukunft geplant?
Max: Wir arbeiten mit einer ganz tollen Sängerin aus Hamburg. Und wir wollen wieder Rap-Musik machen mit einem großartigen MC, worüber ich aber noch nicht so viel sagen will. Bei ihm haben wir einfach so ein Golden-Era-Gefühl. Ich meine, was war an der »Be« von Common so großartig? Sie kam 2005 raus, hat einem aber alles gegeben, was einem eine Rap-Platte von 1994 an Emotionen und Soul gegeben hat. Das ist etwas, was uns als nächstes Ding vorschwebt. Danach wird meine eigene Platte ein Schwerpunkt – die wird wieder sehr eklektisch, da ist alles erlaubt.

Rappst du darauf auch wieder?
Max: (grinst) Klar, die Strophe auf dem Joy-Remix war ein erster Gehversuch. Man merkt ja auch – das ist ein bisschen wie Skifahren. Man verlernt es nicht, aber man braucht auch eine Woche, um wieder richtig sicher zu sein.

Das passt zu der allgemeinen Entwicklung in der deutschen HipHop-Szene. Es gibt ­mittlerweile wieder eine eigene Community aus Beatdiggern und MCs mit starkem musikgeschichtlichen Bezug.
Max: In der Musik verläuft ja alles in Kreisen. Jetzt sind wir zwanzig Jahre von den frühen Neunzigern weg, und plötzlich spielen Daisy Age und Native Tongues wieder eine Rolle. Ich habe aber vieles auch gar nicht so auf dem Schirm. Neulich haben wir in Heilbronn zusammen mit Dexter aufgelegt – Hammer-Beatmaker. Und der macht das auch nicht seit gestern! Jetzt ist eine geile Zeit für Rap, ich habe da wieder Bock drauf. Es liegen Dinge in der Luft, die im Mainstream der letzten Jahre nicht möglich waren. Ich habe mich auch nicht berufen gefühlt, das Zepter für die Golden Era zu schwingen. Dafür interessieren mich zu viele verschiedene Sachen. Für viele Leute war HipHop die letzten Jahre halt oft nur noch Attitüde und Abbildung dessen, was man lebt oder vorgibt zu leben. Das ist auch okay. Nur war eben selten diese Liebe zur Musik spürbar. Als Musik wird HipHop für uns aber jetzt gerade wieder spannend.

Text: Stephan Szillus

HIER gibt es außerdem das Interview mit Joy Denalane (ebenfalls JUICE #137)!

Mehr Videos von Joy Denalane findet ihr auf tape.tv

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