Moses Pelham – Herz // Review

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(3P/Columbia/Sony)

Wertung: Viereinhalb Kronen

Vor fünf Jahren hat Moses Pelham seine »Geteiltes Leid«-Trilogie abgeschlossen. Und schon beim dritten Teil gewann man den Eindruck, dass das 3p-Mastermind das Leid inzwischen so oft (mit)geteilt hatte, dass es, wenn nicht verschwunden, so doch in Positivität umgewandelt wurde. Wer dachte, dass damit die Hartreim-Saga zu Ende wäre, liegt jedoch falsch. Mit »Herz« macht der Frankfurter nicht nur einfach weiter, er macht einen Neuanfang. Passenderweise heißt so auch der Opener, der gewohnt pathetisch ins Album einführt und klarstellt, wohin die Reise musikalisch geht: sparsame, cleane Drums, ein flächiger Sound mit viel Platz für den Hauptdarsteller und keinerlei Konzessionen an den Zeitgeist. Letzteres gilt auch für die Texte. Etwas erstaunt vernimmt man, wie Moses die Asozialität und Brutalität aktueller Kollegen kritisiert: »Die labern von Ghetto/und ich, ich will da nie mehr hin«. Ja, seit »Wenn es nicht hart ist, ist es nicht das Projekt« sind eben fast 25 Jahre vergangen und Pelham ist gereift. Statt mit radikaler Anti-Attitüde zu provozieren, wirkt er heute ausgeglichener, fast mit sich im Reinen. Das erklärt auch, warum er sich auf »Herz« weniger mit den Fehlern anderer als vielmehr mit sich selbst und seinem Innenleben beschäftigt. Genau in der Mitte des Albums – quasi im Herzen – hat er die Reminiscing-Hymne »You Remember« platziert, die jedem RHP-Fan (z.B. mir) Tränen in die Augen treibt. Darum herum gruppieren sich melancholische, aber zuversichtliche Songs wie »BGMB«, »Mehr Licht«, »Geheime Welt« oder »An alle Engel«, die inhaltlich meist auf mehreren Ebenen funktionieren. Musikalisch gibt es zwei Ausreißer aus dem elektronischen Soundbild: Das rockige »M zum O« und »Momomomomosespelham«, das halb Gospel, halb Pop ist – und durch den anschließenenden Skit »Cococococostameronianakis« (remember Illmatic?) konterkariert wird. Insgesamt wird das Album seinem Titel gerecht: Moses öffnet sein Herz weiter als je zuvor und zeigt, neben den dunklen, auch die hellen Seiten darin. Er muss nicht mehr pöbeln und provozieren, um zu berühren. Im besten Sinne Grown Man Rap.

Text: Oliver Marquart

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