292-9
(M.A Music / 3D)
»Ooouuu«! Die aus Young M.As Kehle schießende Luft verdichtet sich zu diesem Laut und schließlich zum treibenden Track einer in sich stimmigen EP. Würde man dicht vor ihr stehen, dann läge vermutlich der beißende Hauch von Hennessy in der Luft. Da ist sie old-fashioned, der New Yorker Rapschule entsprungen und eher Nas als murmelnder Teenie mit knallroten Braids. »Herstory« ist die EP einer Rapperin, die keine Bootys in Hochglanzvideos shaket, stattdessen lieber im Stripclub beobachtet und von den Bouncern als Stammgast mit einer Umarmung begrüßt wird. Nur ihre Musik könnte dort nicht laufen. Aus ihr spricht Aggression, die von Singsang und harscher Unnahbarkeit getragen wird. Sie ist von Synths durchsetzt, die wie ein destruktives Mantra versuchen, etwas kaputtzuschlagen, ohne zu wissen, warum. Young M.A rappt bedrohlich-apathisch, verzichtet auf ohnehin störende Hooks und sorgt so dafür, dass man »Herstory« folgen will. Es geht um die alte Geschichte: von unten nach oben; erst wenig, dann viel – endlich der Versenkung des unfreiwilligen Versagerdaseins am sozialen Rand entflohen, genauso den seit Trump wieder in der Gosse gegrölten Parolen gegen Homosexuelle. Mittlerweile fließt eben der Hennessy auf Partys und irgendwann geistert auch der säuerliche Geschmack eines One-Night-Stands durch den vernebelten Kopf. »Herstory« ist der bitter nötige Perspektivwechsel. Die ungeschönte Realität eines weiblichen Players: über allem stehend und doch gebrochen von der aufkommenden Einsamkeit. Schnelle Bekanntschaften werden irgendwann einfach geghostet. Young M.A macht WhatsApp zu und wird den Unloyalen nie wieder antworten. Denn sie ist eine radikale Verfechterin der Loyalität und vielleicht richtet sich die subtile Gewalt, die ihre Songs erzeugen, auch gegen genau solche Menschen. »Ooouuu« ist also als Motivationslaut zu verstehen, den es für diese EP brauchte. M.A definiert damit den 2017er New-York-Sound, dessen Prolligkeit nicht über seine Sensibilität hinwegtäuscht.