Reflection Eternal – Revolutions Per Minute // Review

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Reflection-Eternal_Revolutions-Per-Minute

 

(Blacksmith/Warner)

Wertung: Viereinhalb Kronen

Etwas mehr als eine halbe Stunde dauert es, bis einem der Possecut “Just Begun” beispielhaft die Grenzen des Emcees Talib Kweli vor Augen führt. Gewusst aber hat man es ohnehin schon: Der 34-Jährige aus Brooklyn hat weder die technische Veranlagung noch die Energie von J.Cole, weder das Charisma noch die stimmliche Präsenz von Mos Def, weder die Bildgewalt noch die mystische Star-Aura eines Jay Electronica. Aber er hat ein bisschen was von allem, und das hat ihn weit gebracht. Ehrgeizig und ausdauernd, trotzt er seit bald 15 Jahren auch mieseren Schlägen ins Kontor und beweist dabei ein außerordentliches Gespür für die seismischen Verschiebungen in diesem seltsamen Mikrokosmos Rap. Als er etwa im Jahr 2000 das erste Album seiner Gruppe Reflection Eternal veröffentlichte, traf er damit punktgenau den Nerv der Zeit. “Train Of Thought” markierte den deutlichsten denkbaren Gegensatz zur Dekadenz einer New Yorker Musikindustrie auf ihrem kommerziellen Zenit. Statt wie Jay-Z und DMX die Stadien zu bedienen, ließen Kweli und sein Studiopartner Hi-Tek Bilder von Afrika aufziehen, die Samples tönten nach Staub und Brooklyns Bohème, die Knowledge eher nach Bibliothek denn nach Straßenecke. Wenn dieser Tage nach fast zehn Jahren nun endlich ein Nachfolger erscheint, dann funktioniert dieser erneut als Alternative – nur dass diesmal nicht kommerzieller Größenwahn der Feind ist, sondern die Beliebigkeit der Internetgeneration. “Revolutions Per Minute” ist ein Album-Album. Ein MC und ein DJ, ein in sich geschlossenes Werk mit Spannungsbogen und kunstvoller Kohärenz im Mix, eine Stunde Heimaturlaub für HipHop. Hi-Tek hat sich dabei ein Stück weit vom an Q-Tip und Pete Rock geschulten Boom-Jazz seiner Anfangstage entfernt; “RPM” ist in erster Linie Musik, und da haben beschwipster Frühlingsswing genauso Platz wie buttercremige Soul-Loops, skelettierter Rock’n’Roll und überdrehte Percussion aus dem Mutterland. Auch die Stimmen von Res, Bilal, Bun B, Estelle und Chester French sind eher weitere Instrumente denn klassische Gastfeatures, Farbtupfer auf einem straff gewobenen Edelteppich. Über weite Strecken klingt das schlicht großartig; Instrumentals wie “Lifting Off” oder “Ends” zählen zum Stärksten, was sich dieser Tage auf 192 kbit/s kaputtkomprimieren lässt, und erweitern stimmig den Katalog an Großtaten des oftmals verkannten Genies aus Ohio. Dazu präsentiert sich Kweli als gereifter Songschreiber, der geschickt Bühnenerfahrung, Brains und Bewusstsein um die Besonderheit der Konstellation zu kanalisieren versteht. So wird auf “Back Again” mit breiter Brust die Marktnische annektiert (“We back again, you can like rap again, you can say that again”). “Strangers” mit Bun B reflektiert doppelbödig Fremdenfurcht und Post-9/11-Paranoia. Auf “In The Red” setzt es Kollegenlob wie Branchenschelte. Und auf “Ballad Of The Black Gold” betreibt Kweli sogar weitgehend unpeinlich Weltpolitik. Wie eingangs erwähnt, ist das zumeist nicht brillant, und zumindest ich wünsche mir insgeheim immer mal wieder einen lässigen Hund vom Schlage Curren$ys an die Stelle des ewigen Strebers. Aber andererseits: Verschenktes Talent hat die HipHop-Geschichte wahrlich genug gesehen. Dann lieber einen braven Arbeiter, der mit den richtigen Intentionen und den richtigen Freunden die richtige Musik zum richtigen Zeitpunkt macht. Und das ist “Revolutions Per Minute” allemal.

 

Text: Davide Bortot

 

 

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