Wenn es um Graffiti in Deutschland geht, um die besten, bekanntesten und international anerkanntesten Writer des Landes, dann darf ein Name nicht fehlen: DAIM. Die Hamburger Graffiti-Koryphäe hat dem Spiel im wahrsten Sinne des Wortes eine neue Ebene hinzugefügt, mit seinem unnachahmlichen 3D-Stil das Genre revolutioniert und zweifellos seinen farbgewaltigen Beitrag dazu geleistet, Graffiti als Kunstform von der Sub- in die Hochkultur zu boosten. In diesem Jahr feiert Mirko Reisser aka DAIM sein 25-jähriges Künstlerjubiläum und macht sich und seinen Anhängern mit dem karriererückschauenden Bildband »Mirko Reisser (DAIM): 1989–2014« selbst das schönste Geschenk. Wir gratulieren!
Du machst jetzt seit 25 Jahren Kunst und verarbeitest in deinen Werken immer noch hauptsächlich deinen Künstlernamen DAIM. Hat sich die Bedeutung dieses Pseudonyms über die Jahre verändert?
Die Benutzung des Namens wurde zunehmend komplexer. Meine Entwicklung als Mensch korrespondiert stark mit der als Künstler. Das ist ein Prozess, der etwas mit Reifung, mit Älterwerden zu tun hat. Auf der einen Seite gehen einem viele Vorgänge routinierter von der Hand, auf der anderen Seite wächst das Verlangen, verstehen zu wollen, was man da gerade gemacht hat. So kann man etwas über sich als Mensch und Persönlichkeit lernen.
Was macht ein typisches DAIM-Graffiti zu einem typischen DAIM-Graffiti?
Meine Arbeit ist sehr nah an meinem Charakter. Und sie ist eben deshalb etwas Besonderes, weil es mich als Menschen nicht noch einmal gibt.
Wenn man als Writer, also der Sub-Kultur Graffiti entstammend, plötzlich im hochkulturellen Rahmen stattfindet, dann wird das von der Szene gerne mal kritisch beäugt. Wie ist deine Meinung dazu?
Ich verstehe den musealen Raum auch als einen öffentlichen Raum – mit dem Unterschied, dass ich dort Menschen mit meiner Kunst erreiche, die auf der Straße kein Auge dafür haben. Und diesen Raum mit seinen ganz speziellen Bedingungen versuche ich mir immer wieder neu zu erobern, was mir genug Denk- und Freiräume geschaffen hat, um neue Arbeiten zu entwickeln.
Welche Künstler und Kunstrichtungen haben dich maßgeblich beeinflusst?
Natürlich waren mir die amerikanischen Dokumentationen »Spraycan Art« und »Subway Art« bekannt, aber mein erstes Graffiti-Buch war »Graffiti Live – Die Züge gehören uns«. Dadurch war mein Stil vor allem von den europäischen, deutschen Sprühern beeinflusst. Vor dem Sprühen habe ich aber schon lange fotorealistisch gezeichnet und in der Schule den Leistungskurs Kunst belegt. Van Gogh und Dali – das fand ich alles sehr beeindruckend, zumal auch in deren Arbeiten nirgendwo eine Outline zu sehen war. So sah ich für mich auch beim Sprühen keinen Sinn mehr darin, den Buchstaben eine Outline zu geben, und fing in der Konsequenz mit Schattierungen an, also Formen nicht mit einer Outline zu schaffen, sondern durch das Setzen von Licht und Schatten.
Erinnerst du dich noch daran, als du 1989 zum ersten Mal eine Dose in der Hand gehalten hast?
Damals war ich 17 Jahre alt. Ich glaube, es war von Vorteil, mit einem etwas erweiterten Horizont in die Graffiti-Welt einzutauchen. Dadurch hatte ich die Chance, meine Arbeit offener und freier zu entwickeln. Ich habe von Beginn an auf Leinwand gearbeitet und bereits früh an Ausstellungen teilgenommen, aber natürlich auch, wie es damals gar nicht anders möglich war, illegal auf der Straße gesprüht. Ich hatte mich schon ein Jahr mit Graffiti beschäftigt, bin durch Hamburg gefahren und habe Bilder fotografiert. Ich hatte ein paar Dosen, mit denen ich eigentlich mein Skateboard besprühen wollte. An einem Nachmittag saß ich mit meinen Freunden Björn, der vielen unter dem Namen Schiffmeister von Fettes Brot bekannt sein dürfte, und seinem Bruder Ole in meinem Zimmer – unser Blick fiel auf die Dosen und wir sind am helllichten Tag raus, um ein Stromhäuschen zu besprühen. Ab da wusste ich, dass ich nie wieder etwas anderes machen möchte als zu sprühen.
Interview-Auszüge von Arne Rautenberg aus dem Bildband »Mirko Reisser (DAIM) 1989-2014«.
VERLOSUNG
Wir verlosen drei Exemplare von »Mirko Reisser (DAIM) 1989-2014«. Wer gewinnen möchte, schreibt eine E-Mail mit dem Betreff »DAIM«, seinem bürgerlichen Namen und seiner Postanschrift an verlosungen (at) juice (.) de.
Fotos: Mit freundlicher Genehmigung der Drago Media Kompany