Wie zerstört man ein unkaputtbares Erbe? Outkast waren die kreativsten Motherfucker des frühen Jahrtausends. André Benjamin und Antwon Patton hatten die besten Ideen, den coolsten Cadi und gehen als dopstes Rapduo ever in die Pop-Annalen ein. Da kann 3 Stacks noch so viel Saxophon dudeln oder Big Boi Alben mit Phantogram aufnehmen. Ob nach »Love Below« überhaupt noch ein Album in André steckt, weiß er vielleicht selbst nicht mehr. Trotzdem: Wenn sich der GOAT mal wieder für Frank Ocean, Rick Ross oder T.I. herablässt – immer im Zuge für ein überlanges Gitarrensoli – zückt man immer noch die Jahresendlisten. Ein André-Part wertet Alben auf. Bei Big Boi sieht die Lage etwas anders aus: Sein erstes reguläres Soloalbum »Sir Lucious Left Foot« war großartig: ein Dungeon-Family-Get-together der Generationen aus einer eigenen Zeitzone. Die Indie-Rap-Rutsche »Vicious Lies and Dangerous Rumours«, bei der er sich mit Phantogram anfreundete, war schon seltsam, das Big-Grams-Projekt dann nur noch belastend. Sein drittes Soloalbum ist nun aber die bisher größte Outkast-Enttäuschung, weit vor »Idlewild« und Andrés »Hendrix«-Biopic. Die Promophase (wenn man das so nennen darf) hat es schon angedeutet: das absurde Cover, dieser Titel! Hat André das gesehen, bevor es in Druck ging? Unvorstellbar unswaggy. Wie das Klischee-überladene Martial-Arts-Video zu »Kill Jill«, das trotz Jeezy- und Killer-Mike-Part einfach nur lang wirkt. Und dann klingt auch noch die Traumkombo mit Organized Noise und Snoop Doog komplett uninspiriert. Natürlich funktionieren auch ein paar Nummern: Der tiefergelegte Orgel-Blues »In The South« mit Gucci Mane und einer überlieferten Pimp-C-Hook, die düstere Ermächtigungs-Erzählung »Made Men« mit Kurupt und dem zweiten von drei Killer-Mike-Beiträgen sowie die »Speakerboxx«-Skizze »All Night«. Aber was ihn zu dem Alligatoah-Alman-Beat und viereinhalbminütigen WTF-Moment »Freakonomics« geritten hat? Sag du es uns, André, bitte. Ein Sechzehner reicht schon.
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