Einige von euch haben neben der Musik auch noch an ein paar anderen Projekten gewerkelt. Ewa, wie steht es zum Beispiel um »Pimp My Bitch«?
Ewa: Da ist Stoppschild gerade. Ich hatte zu viel anderes zu tun. Wir hatten damit zwar angefangen, aber das war noch nicht so, wie ich mir das vorgestellt hatte. Und entweder mache ich das richtig geil oder gar nicht.
Und was ist mit deiner Autobiografie?
Ewa: Auch die ist ein bisschen ins Hintertreffen geraten, aber ich fahre bald wieder nach Berlin, treffe mich mit Staiger – mit dem zusammen ich das Buch schreibe – und werde dann auch ein paar Tage dort bleiben, damit wir vorankommen. Das wird wieder krasse Therapie.
Xatar, du arbeitest ebenfalls am Verschriftlichen deiner Lebensgeschichte.
Ssio: Das lustige Taschenbuch.
Xatar: Allerdings. Wir sind jetzt schon bei der achten oder neunten Fassung. Wenn alles gut läuft, kommt das Buch bereits im September raus.
Schreibst du das Buch ganz alleine?
Xatar: Ja. Ich schreibe sehr gerne, das habe ich im Knast ja viel getan, und versuche, mir mit der Schriftstellerei ein weiteres Karrierestandbein aufzubauen. Im Knast hatte ich sogar so eine Old-School-Schreibmaschine – was anderes war da leider nicht erlaubt. Das Buch wird autobiografisch, der Schwerpunkt liegt auf meinen letzten zehn Lebensjahren, weil die mehr hergeben als die übliche Geschichte, dass ich in schweren Verhältnissen aufgewachsen bin und HipHop als Ausweg für mich entdeckt habe – das gab es einfach schon zu oft.
Es gibt auch noch ein weiteres Projekt: Ihr habt neben Alles Oder Nix ein zweites Label gegründet – Kopfticker.
Xatar: Genau. Als ich letztes Jahr aus dem Knast gekommen bin, hat Sohail mir viele Rapper gezeigt, die wirklich gut sind, aber nicht so recht in den Alles-Oder-Nix-Kosmos passen, weil wir hier alle kranke und gestörte Charaktere sind, mit denen nicht jeder kompatibel ist. Trotzdem möchte ich aber ein paar dieser Rapper supporten – und das wird nun über Kopfticker passieren.
Habt ihr schon Rapper gesignt?
Xatar: Ja, ein paar richtig gute Leute, die in der Zukunft von Deutschrap eine große Rolle spielen werden. Einer ist der Plusmacher aus Berlin. Als ich seine Videos nach meiner Haftentlassung gesehen habe, hat der mich geflasht. Der Junge ist top! Und sein Style ist baba. Außerdem hat er Hunger. Und weil wir finden, dass er auf das nächste Level gehört, werden wir seinen Scheiß pushen.
Wie hat er reagiert, als ihr ihm den Label-Deal angeboten habt?
Xatar: Er wollte wissen, wie viel Vorschuss. (lacht) Der Junge ist eben von der Straße. Er heißt ja nicht umsonst Plusmacher und wollte wissen, wie viel Plus er macht.
Sohail: (aus dem Off) Es gibt auch noch ein anderes Signing; ein Junge, der sehr talentiert ist, den wir aber jetzt noch nicht bekanntgeben können.
Xatar: Dieser Junge kam zeitgleich mit mir aus dem Knast, hat seine Mucke fertiggemacht, ist dann aber wieder in den Knast gekommen – noch bevor wir ein Video drehen konnten. Jetzt ist er aber wieder draußen – zumindest aus dem Knast. Denn stattdessen sperre ich ihn jetzt im Studio ein, damit nichts mehr schiefgeht. Der muss jetzt hier im Studio leben, weil er einfach schneller im Knast landet als andere Straßenjungs.
Du bist also nicht nur Labelboss, sondern musst auch ein bisschen Papa spielen. Baba halt.
Xatar: Das bin ich ja gewohnt. Ich bin kein normaler Labelboss, der Rapper signt, die nun nicht mehr auf ihr Leben klarkommen – ich komme auf mein Leben am allerwenigsten klar. Wenn ich Rapper habe, die mal in den Knast müssen, dann ist das für mich Routine. Ich rufe dann direkt meinen Anwalt an und lasse einen Besuchstermin ausmachen. Der ruft die Staatsanwaltschaft an, fordert Akteneinsicht und überweist Geld, damit die Leute Einkauf haben. Da schieben wir keinen Film. Das ist für uns normal, Bruder. ◘
Fotos: Lukas Maeder
Diese Titelstory erschien in JUICE #169 (hier versandkostenfrei nachbestellen).