Vince Staples – Big Fish Theory // Review

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(Def Jam Recordings)

Wertung: Fünf Kronen

Es ist eine mittlere Obsession, die die amerikanischen (Musik-)Medien für Vince Staples ent­wickelt haben. Talkshow hier, Podcast da, wie ist nochmal seine Meinung zu Senioren-Pilates und Sauerkraut-Smoothies? Schon komisch, denn so banal es in den kurzweiligen »GQ«-Skits mit grellem Backdrop und deadpan-Komik auch zugehen mag, fällt es schwer, den Bezug zur Musik des 24-Jährigen zu finden. Wenn der Beat läuft, wird Vince nicht minder zynisch oder morbide, dafür ungleich persönlich und politisch. Vielleicht hilft ihm in dieser Hinsicht jetzt die Reichweite der Mainstream-Outlets, schließlich thematisiert er Rassismus sowie Gang-und Polizeigewalt schon seit seinen ersten Releases. Vorzeigbare Resultate gab es bisher allemal, eine Vielzahl starker Mixtapes krönte Staples 2015 mit seinem überragenden Debütalbum »Summertime 06«. No I.D. hatte dem jungen Kalifornier dafür einen einzigartig dystopischen Sound maßgefertigt – den dieser mit der letztjährigen genial-konfusen EP »Prima Donna« wieder über den Haufen warf. »Big Fish Theory« kommt zwar fokussierter daher, macht aber dennoch die angedrohte soundtechnische 180-Grad-Wende perfekt. Denn auf dem neuen Projekt fusioniert Vince Staples als erster größerer Künstler erfolgreich Rap und elektronische Musik auf Albumlänge. Dafür neu im Produktionsteam: das Who-is-who der amerika­nischen Festival-EDM-Szene um GTA, Flume und SOPHIE. Letztere liefern mit »Yeah Right« den härtesten Beat des Jahres ab, Featuregast Kendrick Lamar scheint ebenfalls seit »DNA« sein Faible für den Abriss zurückentdeckt zu haben. Gerade in der zweiten Hälfte des Albums reihen sich die Kracher (»BagBak«, »Party People«), doch ein gewisser ernster Unterton geht nie verloren. Auf Tracks wie »Samo« holt Vince die Großraumdisko gar in die eigene Echokammer und kreiiert damit das zeitweise unangenehme, weil ungewohnte Phänomen der nachdenklichen Moshpit-Stimmung. Ebenfalls neu sind eine Reihe von Mitsing-Tracks (»745«, »Rain Come Down«), eingebüßt wird dafür auf der lyrischen Seite. Wenige Lines bleiben ob ihrer Cleverness hängen, Vince kommt (zum Teil den Beats geschuldet) direkter auf den Punkt. Dauer-­Feature Kilo Kish hingegen ist wie schon auf »Summertime 06« eine Bereicherung und hat mit ihren Vocals großen Anteil an einem mitreißenden Album, das keine Komfortzone akzeptiert.

Text: Maximilian Hensch

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