A$AP Rocky: »Das Tape war nur der Anfang« // Interview

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Asap-Rocky

Wir hören den Loop eines dumpfen Glockenspiels. Ein milchbubiger Kerl mit Fourfinger-Ring, gegrillten Zähnen und schwarzem Funeral-Cap blickt grinsend in die Kamera, schreitet aus einer Bodega heraus, im Arm hält er seinen lattendichten und noch viel jünger aussehenden Kumpel. »I be that pretty motherfucker, Harlem’s what I’m reppin’/tell ’em quit that bitchin’, we gon’ make it in a second.« Der Typ mit dem Cap ist A$AP Rocky, der kleine benebelte Kerl im Arm ist Ty Beats. Das Internet dreht durch.

Die Besonderheit A$AP Rockys und seiner A$AP-Gang zu erklären, ist gar nicht so einfach. Geboren in Harlem, die Mama war großer Rakim-Fan, der Vater Drogendealer. Er erlag später der Berufskrankheit Nummer eins, auch sein großer Bruder wurde in der Nebenstraße seines Wohnhauses von Rivalen abgeknallt. Der Junge nutzte Rap, um seine verletzten Gefühle zum Ausdruck zu bringen. Ziemlich normal, das alles. Wo genau liegt also der Haken?

Rakim Mayers ist ein gefundenes Fressen für alle Plagiatsjäger und Verächter von Reproduktionstechniken. Steuerung-C und Steuerung-V gehen Pretty Flacko relativ schnell von der beschmückten Hand. Die gesungenen Hooks und der Flow sind Replikate aus dem Cleveland und dem Kalifornien der frühen Neunziger. Bei einer Hausdurchsuchung würde Interpol mit Sicherheit »Creepin’ On Ah Come Up«, »E. 1999 Eternal«, »Death Threatz« und »We Come Strapped« in A$AP Rockys Torrent-Ordner auffinden. Der Slang, die gechoppten und gescrewten Wortfetzen und die Drogen sind Vervielfältigungen aus Texas. Bone Thugs-N-Harmony, UGK, MC Eiht, Three 6 Mafia, Slim Thug, die ganze Mischpoke halt. Aber der Style, ja: Der Style ist so Harlem, wie es nur geht. Wir sprechen von jenem mythischen Harlem, das Camp Lo und das Dipset-Camp in unser Bewusstsein gerückt haben. Kool Moe Dee, Jim Jones, Juelz Santana, der pinke Pelzmäntel tragende Cam’ron. Jeder von ihnen alles andere als ein blasses Aschenbrödel. ­Neben Big Ls Nonnen misshandelnden Lines sieht jedes umgedrehte Kreuz der heutigen Heranwachsenden aus wie ein Pfadfinderabzeichen. Rapper aus Harlem waren seit je her entweder kunterbunte Paradiesvögel oder pechfinstere Miesepeter. Selbst Tupac erblickte das Licht der gegen ihn gewandten Welt im Norden Manhattans. A$AP Rocky ist das alles in einem. Ein Amalgam aus den verschiedensten Erscheinungsformen der prachtvollsten Jugendkultur namens HipHop. Und wenn er dieses Gebräu aus all den tollen Subgenres zu sich nimmt, stellt der weltoffene Connaisseur auf Windesflügeln fest, dass es genau diese Mischung und das Verwenden all dieser Codes ist, was ihn zum Jauchzen und Frohlocken bringt.

Am Anfang war »Purple Swag«. Das grandiose Video mit dem blonden Blumenmädel mit goldener Zahnspange, dem Dude mit Gorbatschow-Swag auf der Wange, A$AP halbnackt auf dem Fahrradlenker seines Homies. Das alles ist so seltsam, absurd und dämlich, dass es eigentlich wehtut. Trotzdem bringt A$AP Rocky es fertig, ­seinen Drug-Talk und seine Paranoia-Tales so verdammt lässig und unbekümmert rüberzubringen. Man nimmt es ihm einfach nicht übel, dass er so tut, als hätte er sich gerade erst ausgedacht, wie man Eiswürfel in einen Plastikbecher wirft und Sprite und Hustensaft in einer Cowboy-Mischung hinzufügt.

»Always Strive and Prosper«. A$AP, ein loser Verbund von Kids aus Manhattan. Rakim chillte in den nuller Jahren fast ausschließlich in Harlem, schaute jedoch mit Ehrfurcht und Bewunderung zu den Jungs der Gang auf. »A$AP war der Shit in Downtown. Auch in SoHo wollten alle Kids wie sie sein. Die Art, wie sie sich anzogen, das Selbstbewusstsein, die haben einfach ihr Ding durchgezogen. Damals war das alles noch im Untergrund, aber in Manhattan wollte jeder so sein wie sie. Im Jahr 2007 stieß ich dazu und seitdem ist es einfach nur Family.«

Hühnerbrust, Goldzähne. Ein Auge blickt nach Houston, das andere abwechselnd auf den Mittleren Westen und die Straßen Harlems. Der Kerl hat einen zielgerichteten Silberblick und natürlich diese einnehmende, sedierende Ausstrahlung. Pusha T freestylte über das »Peso«-Instrumental, der ebenfalls in Houston verliebte Drake outete sich als Fan und nahm ihn neben Kendrick Lamar mit auf die große »Club Paradise«-Tour, Lana »Schlauchboot« Del Rey postete seine Videos in ihrer Chronik und erntete abwechselnd Spott und höchstes Lob von ihren Jüngern. Auf beinahe NME’esque Art und Weise beschwor die Hype-Maschine den Jungen als das nächste große Ding überhaupt. Dabei hat bis jetzt er noch kaum etwas draußen. Seine Gang ebenfalls nicht. Dennoch schenkte ihm das »Complex«-Magazin ein Cover, auf dem er mit dem Modedesigner Jeremy Scott das legendäre »Andy Warhol x Jean-Michel Basquiat«-Plakat nachstellt. Tumblr- und Hypetrak-Helden wie Shlohmo zählen die A$AP-Producer Ty Beats und SpaceGhostPurrp zu ihren Lieblingen. Alles stimmt irgendwie. Biting-Vorwürfe, Hipstertum, Weirdo-Looks, nix kann der Bande in der fabelhaften Welt der A$APs etwas anhaben.

Aus der Heimat der zurückgelehnten und gemächlichen Klänge ertönten einige mürrische Beschwerden. New York sei New York und erstickte Hooks, Hustensaft und Trill-Ansagen gehörten nach Texas. Was erlauben Rocky? Insbesondere der inflationäre Konsum der Codein-Plörre stößt den Natives aus dem Süden extrem bitter auf. Biting und Imitation stellen seit jeher eine Todsünde im Rap dar und die widerrechtliche Aneignung eines Lebensgefühls ist bis heute mit einigen Ausnahmen mehr als verpönt. Doch die sinnentleerte Debatte, wer welche Droge nun als Erster zum Erreichen der täglichen Handlungsunfähigkeit benutzte, ist schon recht behämmert. Klar ist das entschleunigte Schweben von den Straßen Port Arthurs bis ins 5th Ward ein anerkannter Lifestyle. Ungeachtet dessen reden wir hier jedoch nicht von lang­weiligen Poppern, die so tun, als hätten sie schon als Kleinkind Girl-Videos gesehen und Eric-Koston-Poster an der Wand ge­habt, sondern immerhin über das ständige Einverleiben eines Opiats in abenteuerlicher Morphium-Qualität. Als sei daran noch nie jemand gestorben.

Trill-Rap hin und kurzweilige Zeiterscheinung her, A$AP Rockys Tracks sind dope und die Reizhustenlösung ist nun wirklich nicht der Rede wert. Auf zahlreichen Verses zollte Rakim Mayers vor allem den Oldschoolern aus Houston bedingungslosen Respekt und so teilte selbst Bun B die Bühne mit dem Weltenbürger des HipHop. »God damn, how real is this?/I know them Harlem niggas gonna be feeling this/East coast nigga, but how trill is this?/Still don’t give a shit, my ignorance is still a bliss.«

So beginnt »Live.Love.A$AP«. Ein Mixtape der Marke Instant-Jahresbestenlisten-Anführer in sämtlichen HipHop- wie Hipster-Redaktionen. SpaceGhostPurrp, Ty Beats und Clams Casino liefern das musikalische Gefüge aus analgetischen Fasern und hypnotisierenden Fäden, die nur aufgrund der lyrischen Haftung von A$AP Rocky eine runde Sache ergeben. Ein moderner Klassiker mit hängenden Zungen und purpurroten Augen. Es ist zwar ein Ding der Unmöglichkeit, die einzelnen Charaktere der A$AP-Gang auf den Feature-Songs auseinanderzuhalten. Aber das ist Nebensache. Die normalen Ikea-Gläser der WG-Küche verwandeln sich in rote Styroporbecher, der naturtrübe Bio-Apfelsaft in den verschreibungspflichtigen Promethazin-Drink aus Houston – und ob das Ergebnis dieser chemischen Verbindung am Ende pink oder lila ausfällt, liegt halt einfach daran, wie du das Ganze mischst, verstehst du? Das Internet drehte erneut durch.

Die Major-Labels waren dem Herzinfarkt nahe und wollten Rocky unter allen ­Umständen ihr Inventar nennen, versuchten sie doch schon beim Getrommel um die ­letzten Heilsbringer der Odd Future-Gang ­vergeblich, die wütenden Helden der Kids unter Vertrag zu nehmen. Doch ­OFWGK­TA sagte »nö« und blieb unabhängig. Die Jugendlichen der Ostküste sind scheinbar weniger abgeneigt, wenn es um geschäftliche Verbindlichkeiten geht – und so landete A$AP für abartige drei Millionen Dollar Vorschuss bei RCA, angeblich 1,7 Millionen davon für ihn als Solokünstler und weitere 1,3 Millionen für die Gang als Sublabel-Konsortium. Das Kind liebt das Geld, doch seine Lieben hat es noch viel enger ins Herz geschlossen.

Für Juli 2012 ist derzeit die offizielle Veröffentlichung des Debüt-Albums »LongLiveA$AP« über die neue Major-Heimat bei RCA/Polo Grounds/A$AP Worldwide geplant. Die Transfermarktgerüchte gehen von Lex Luger-, Diplo-, Timbaland– und No I.D.-Beats über Drake-, Common-, Kendrick Lamar– sowie Jay-Z-Features bis hin zu Kollabos mit Justin Timberlake, Missy Elliott und Bow Wow. Für jeden was dabei? Grund genug für uns, um mit der Hauptfigur der New Yorker Lean-Organisation zu sprechen. Erstmalig und exklusiv für Europa – das große Interview mit A$AP Rocky.

Du hast ja nach dem ganzen Trubel einen Deal unterschrieben – nicht nur für dich, sondern auch für deine Crew.
Ja, ich wollte sichergehen, dass es nicht nur mir gut geht, sondern auch meinen Freunden, denn ohne sie wäre ich nicht so, wie ich heute bin. Da ist es nur fair, dass man für seine Familie sorgt. Wir machen jetzt richtig Geld. Und nicht nur ich, sondern ganz A$AP. Das war von Anfang an meine Bedingung und auch nicht verhandelbar. Wenn jemand von uns Erfolg hat, dann zieht er die ganze Familie mit. Ganz einfach. Wir denken gerade darüber nach, »Live.Love.A$AP« noch mal offiziell herauszubringen, diesmal richtig gemastert, mit einigen neuen Features und zusätzlichen Songs. Quasi als Teaser, denn das Tape war nur der Anfang.

Du verbindest viele verschiedene HipHop-Stile miteinander, den Style aus Harlem, die Drogen und den Slang aus dem Süden und dann diesen verschleierten Sound, der sowohl im HipHop als auch in der Elektronik zu Hause ist.
Das liegt daran, dass ich 1988 geboren bin und mit unterschiedlichen Styles aufgewachsen bin. Ich habe alle Formen von HipHop gehört. Jede Menge klassischen Rap wie Wu-Tang, Rakim, Nas, Biggie, D.I.T.C., Big Pun, aber auch vieles aus dem Süden: UGK, Geto Boys, Three 6 Mafia, Outkast, Trae, Z-Ro. Und natürlich auch die Diplomats – ich bin immerhin aus Harlem.

In deinen Flows hört man auch ­Anleihen von Bone Thugs-N-Harmony und MC Eiht.
Auf jeden Fall, Mann. MC Eiht ist der Shit. Seine Art zu rappen gehört zu zu meinen Lieblingsflows. Der abgehackte Style kommt extrem gut. Wie gesagt, bei uns gibt es nicht nur einzelne Einflüsse. Wir sind ein Aufguss aus allem. Wenn du uns hörst, dann hört man eigentlich den kompletten HipHop, alles was dazugehört, jede Sparte und jedes Genre, weil im Rap alles schon mal da war. Und nicht nur das. Wir hören manchmal auch Rock, es kann auch vorkommen, dass du einen von uns siehst und aus seinem Kopfhörer tönt ein beschissener Country-Song. (lacht) Wir geben einfach einen Scheiß drauf, Hauptsache der Kram klingt gut, dann hören wir es. Und wenn alles läuft, rappen wir drauf. So sind wir einfach. Ich mag auch klassischen Rap, so ist es nicht, den findet man auch auf unseren Sachen.

Ihr habt sogar ein Vocal-Sample von Das EFX auf dem Mixtape verwendet.
Ja, aber das ist auf dem Mist von Beautiful Lou gewachsen. Es ist halt so, wir mögen alles, was gut ist. Drauf geschissen, ob es aus New York, L.A., Houston oder vom Mars kommt. Wenn ein Das EFX-Sample im Loop funktioniert, dann ist es doch super. Im besten Falle freuen sich die Oldschooler und die Kids googlen die Line und hören einen Klassiker zum ersten Mal. Wenn es dope ist, ist es dope. So einfach ist das. Mit schlechten Songs verhält es sich aber genauso. Es gibt so viel Scheiße da draußen, unglaublich.

Du hast ja die »Fuck Swag«-Shirts draußen. Stört dich das Swag-Gelaber?
Nein, nicht wirklich. Aber es gehört schon mehr dazu, als einfach nur fünf Minuten lang »Swag« zu sagen. Wir wissen doch nun alle, dass es das Wort gibt. Also: Fuck Swag.

Wie wichtig ist Harlem für dich?
Oh Mann, sehr wichtig. New York ist, was Style angeht, der Nabel der Welt, oder war es zumindest für sehr lange Zeit. Manhattan ist das Zentrum New Yorks und Harlem ist quasi eine eigene Insel in Manhattan, die sich sogar vom Herzen New Yorks noch mal abspaltet. Also ist Harlem das Style-Zentrum der ganzen Welt, ganz logisch. Ich liebe alle Boroughs, aber Harlem ist noch mal was anderes als Brooklyn oder die Bronx. Du siehst sofort, wenn ein Nigga aus Harlem kommt. Wenn die Jungs in Brooklyn bestimmte Sachen tragen oder in der Bronx etwas gerade angesagt ist, dann haben wir das schon lange durch und sind schon wieder woanders. (lacht) So war es schon immer, der Slang, die Mode, die Musik, die Frauen. Hier hatten schon immer alle mehr Style als anderswo.

Du bringst neben der Mischung aus Harlem- und Southern-Slang auch durch deine Beat-Auswahl etwas Neues ins Spiel.
Ich bin eben sehr eigen, seien es meine Outfits, die Texte und auch die Beats. Ich bekomme jeden Tag tausende Beats, aber das meiste ist Scheiße. Ich muss mich fallen lassen können, der Beat muss mich auffangen und ich muss auf ihm fliegen. Anders kann ich das nicht erklären.

Die Produktionen von Clams Casino, Lyle, SpaceGhostPurrp und Ty Beats haben alle diese Schwere und Tiefe. Brauchst du das, um dich zu entfalten?
Das ist einfach worauf ich stehe. I just zone out. Ich brauche diese Beats, um den Dingen freien Lauf zu lassen. Die Leute mögen mich ja aus einem bestimmten Grund. Sie mögen meinen Sound und dass darin alles so gut zusammenpasst: die Beats, die Texte, der ganze Vibe. Alles muss stimmen und Sinn ergeben. Ich bin ein sehr detailverliebter Mensch. Deswegen bin ich auch sehr wählerisch, was Instrumentals angeht. Ich fühle mich zur Zeit extrem frei. Das Feedback auf das Tape ist extrem gut, die Industrie hat mich mit Angeboten überhäuft und die Gigs laufen auch super, dabei hab ich keine beschissenen, käsigen Club-Tracks gemacht. Das bestätigt mich und zeigt mir gleichzeitig, dass ich auf keinen Zug aufspringen muss. Ich muss einfach nur mein Ding durchziehen, um den Menschen eine Freude zu machen. Deswegen verstelle ich mich auch nicht und versuche, Fehltritte zu vermeiden, verstehst du? Keine wacken Beats, nur um mal kurz im Radio zu sein. Hier in New York haben sie »Peso« im Radio totgespielt. Ein Song, der eigentlich keinerlei kommerzielles Potential hat. Ich mache einfach A$AP-Musik und darf keine Scheiße bauen. Es muss alles stimmen, genau wie mit den Visuals. Videos sind eine Sache, die ich noch weiter ausbauen möchte, das interessiert mich sehr.

Bei »Wassup« hast du selbst Regie geführt.
Yep, das ist auch eines der ersten Videos, mit dem ich wirklich zufrieden bin. Viele Rap-Videos sehen gleich aus. Entweder eine dicke Karre auf der Straße mit nackten Weibern drauf oder ein Green-Screen-Studio mit einer dicken Karre und nackten Weibern drauf. Ich wollte das etwas komplexer gestalten und Sachen zeigen, die mich wirklich beeinflusst haben. Das sind einfach all meine Lieblingsfilme aus der Zeit, in der ich aufgewachsen bin, in einem Musikvideo vereint. Ich liebe »Belly«. Natürlich finden den Film viele trashig. Aber wenn man es runterbricht, hat Hype Williams einfach visuelle Kunst geschaffen – die Farben, die Bildausschnitte, richtig krass. In welchem Film gibt es schon eine Szene, wo ein Rapper seine Seele an den Teufel verkauft? Ich hatte ähnliche Bedenken, als es um den Deal ging. Kann ich das machen? Wie frei bin ich dann noch? All diese Fragen stellte ich mir auch. Deswegen hab ich diese Zitate verwendet. Die »Warriors«-Szene an der Brooklyn Bridge, den »Scarface«-Traum, den fast jeder Junge mal hat, mit der Badewanne voll Kohle. Das hat auch sehr gut funktioniert, deswegen werde ich das weiterverfolgen. Das Interesse kam ganz natürlich, da ich beim Schreiben ohnehin schon Bilder vor mir sehe. Wenn der Song dann rauskommt, will ich, dass das Video diesen Bildern gerecht wird. Beim »Demons«-Video ist dem Regisseur einiges nicht gelungen, das hat mich sehr geärgert. Vor allem, dass der Wichser es dann trotzdem online gestellt hat. »Wassup« hingegen hat ziemlich gut funktioniert. Das Feedback war auch überwiegend positiv. Also: Shout out to me! (lacht)

Wer ist eigentlich das blonde Mädel in dem »Purple Swag«-Video?
Ihr Name ist Anna Perp. Sie ist aus Harlem und schon lange mit mir befreundet. Anna trägt schon seit Ewigkeiten Grills, ein richtiges Hood-Mädchen. Jetzt chillt sie gerade in North Carolina und züchtet dort Pitbulls, ohne Scheiß. Ein richtig wildes Mädchen. Als die Zeit kam, für »Purple Swag« ein Video zu drehen, musste ich sofort an sie denken. Ein blondes, süßes Mädel, das ­unsere Texte rappt, Grills trägt und total dicht ist. Wer hat schon so viel Style?

Mode und Style sind dir sehr wichtig. Du warst mit Jeremy Scott auf dem »Complex«-Cover. Wie kam es dazu?
Ich liebe Mode! Ich stecke bis zu den Knien in Mode und lese auch viel über Design und neue Einflüsse. Ich habe Jeremys Sachen schon getragen, bevor ich berühmt war. In Harlem verbinden wir oft Kleidung von ­Designern wie Jeremy mit Hood-Elementen.

Planst du auch eine eigene Line?
Oh nein – ich bin doch nicht wie die anderen Rapper, die irgendwelche hässliche Scheiße raushauen, nur um kurz mal ein bisschen Kohle zu machen. Da steht dein Name drauf, Nigga! Dann sollte der Kram auch wirklich heiß sein. Ich interessiere mich sehr für Mode, überlasse das Design aber denjenigen, die sich wirklich damit auskennen. Wozu sollte ich das machen? Die Designer fangen ja auch nicht einfach mit dem Rappen an. Merchandise und Logos sind heutzutage extrem wichtig, da sollte man keinen Scheiß bauen. Hin und wieder eine kleine Kollaboration oder ein Vorschlag von meiner Seite, das ist schon okay. Aber ich stelle mich jetzt nicht hin und behaupte, ich sei ein Designer. Das bin ich einfach nicht.

Ein Merkmal von neuen Rappern wie Kendrick Lamar und dir ist, dass ihr euer Handwerk versteht und ­trotzdem extrem unterschiedlich seid. Wie ­erklärst du dir das?
Das liegt daran, wie wir aufgewachsen sind. Wir haben Zugang zu allen möglichen Technologien, selbst das Kind in den miesesten Projects hat irgendwie, irgendwo bei irgendwem die Möglichkeit, ins Internet zu gehen. Dann tippt es ein Wort bei Google ein und schon weiß es mehr als im Moment davor. Die Welt hört nicht mehr zwangsläufig bei der letzten Straße deines Viertels auf. Ich liebe den aktuellen Stand der HipHop-Szene. Jeder macht sich locker, es gibt kaum Beef und wir haben sehr viele extrem talentierte Jungs. Wie du schon gesagt hast: Kendrick Lamar, Schoolboy Q, meine Gang, Drake sowieso. Dann noch die ganzen Producer. Jeder macht sein Ding und respektiert den anderen. Selbst wenn mir etwas nicht gefällt, dann werde ich demjenigen nicht ans Bein pissen. Ich höre mir einfach seine Platte nicht an.

Wie kam die Connection zu Schoolboy Q überhaupt?
Ich war schon Fan von Schoolboy Q, bevor irgendwer von ihm gehört hatte. Sein Style gefällt mir sehr. Als ich dann bekannter wurde, habe ich versucht, ihn zu erreichen und wie sich herausstellte, hatten wir auch gemeinsame Freunde. Wir haben uns auf Anhieb sehr gut verstanden. Da ist mir schon ein Stein vom Herzen gefallen, es kommt ja schon hin und wieder vor, dass du jemanden kennen lernst, ihn schon von seinen CDs oder aus dem Fernsehen kennst und dann entpuppt sich die Person als das letzte Arschloch. (lacht)

Du hast vor kurzem Rakim in einer Radioshow getroffen. Deine Mutter hat dich nach ihm benannt, weil er in deinem Geburtsjahr 1988 der coolste Typ in New York war. Wie war es rückblickend für dich, ihn zu treffen? Hattest du da ähnliche Bedenken?
Nein, nein. Ich wusste ja gar nicht, dass er überhaupt in die Show kommt. Das war ja eine Überraschung. Mann, das war irre, vor allem, als ich meine Mum angerufen habe. Rakim ist super drauf, das war eine Ehre für mich.

Meinst du, dass dies typisch für Jungs aus deinem Jahrgang ist, dass ihr so unterschiedliche Musik hört?
Ja, Mann. Weißt du was? Es gibt Tage, da höre ich fast nur Fats Domino oder Little Richards. Die Jungs hatten wahnsinnig viel Style. Little Richards hat sogar fast mehr Einfluss auf mich als alles andere. Der hatte das Publikum und vor allem die Mädels im Publikum total unter Kontrolle. Ich höre auch sehr viel Motown-Zeugs, Diana Ross und wie sie alle heißen. Aber auch richtig kitschigen Pop, The Teenagers zum Beispiel. Das darf man ja fast keinem erzählen. (lacht) Hin und wieder macht so brave Musik halt richtig Spaß. Ich lasse mich von allem beeinflussen, was mich umgibt. Ich lasse mir von keinem etwas vorschreiben und versuche, mich auch soweit es geht von allen Vorurteilen zu befreien. Es ist mir zum Beispiel egal, wenn andere etwas »uncool« oder gar »schwul« finden. Wenn ich eine schwarze Lederweste und dazu passende Stiefel tragen will, dann mache ich das einfach. Wenn ich Bone Thugs-N-Harmony und danach einen Song von Elton John hören will, dann mache ich das auch. Vielleicht hat Elton John ja eine Zeile, die mich dann im Zusammenhang mit dem Bone-Thugs-Vibe wieder auf einen Gedanken bringt, aus dem ein guter Song entspringt. Vielen fehlt da echt die Weitsicht. Ich höre mir alles an. Wenn es mir nicht gefällt, ist es eine andere Sache, aber schon im Vorfeld zu sagen, das ist sicher scheiße, weil XY gesagt hat, dass es nicht cool ist? Das ist mir zu dumm.

Du bist jetzt auf Tour mit Drake und Kendrick Lamar. Wie nimmst du das Publikum wahr?
Das ist in meiner Karriere das Größte bis jetzt. Eine wunderbare Erfahrung. Für solche Abende macht man den ganzen Scheiß überhaupt. Ich gehe mit dem derzeit angesagtesten Rapper auf Tour und die Kids im Publikum kennen meine Texte. Ich war vorher so gut wie nie außerhalb New Yorks unterwegs. Das ist der Wahnsinn.

Auf YouTube gibt es den Ausschnitt mit Bun B und dir, dort backen die Leute sogar deine Adlibs.
(lacht) Ja, das war großartig. Der Abend war super. Es bedeutet mir auch viel, mit jemandem wie Bun B auf der Bühne zu stehen.

Mit wem arbeitest du momentan?
Das kann ich noch nicht verraten. Alles, was ich sagen kann, ist, dass ich eine Menge vorbereite. Mein ganzes Team und ich arbeiten jeden Tag, den ganzen Tag. Ich habe für alle was, für dich, für deine Großmutter und die Neugeborenen. Alle können sich sicher sein, dass ich meine Generation und die Generation nach mir beeinflussen werde.

Sind Drogen wirklich so wichtig?
Ob Drogen generell wichtig sind? Oder meinst du, ob meine Drogen wichtig sind?

Generell. Sie sind ja in fast jedem ­deiner Songs ein Thema.
(denkt nach) Also, ich fühle mich nicht wie ein Junkie. Aber ich sehe es so: Ich bin ein junger Typ, meine Brüder und ich mögen lilafarbenes Marihuana, trinken den lilafarbenen Drink und bumsen lilafarbene Schlampen. Deswegen ist bei uns alles lila. Ich sage jetzt nicht, dass alle Drogen nehmen sollten. Ich sage sogar auch, dass es mir hin und wieder nicht so gut geht. Aber ich bin kein Idiot. Ich bin ein junger schwarzer Mann, habe mein eigenes Geschäft am Laufen und kümmere mich um meine Familie. Wenn ich dabei Weed rauche oder Sprite mit Hustensaft mische, ist das mein Ding und das geht niemanden sonst etwas an – solange es für mich funktioniert. Crack is still wack, but we all crack, nahmean?

Text: Ndilyo Nimindé
Foto: Ysa Pérez

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