»Top Boy (The Documentary)«: Skepta und die Renaissance um Grime

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Lange galt das Phänomen Grime als verloren geglaubtes Relikt einer Sub-Sub-Kultur im Schatten der Sucht nach neuen Trends des digitalen Zeitalters. Rap aus dem vereinigten Königreich hatte es generell nie leicht gehabt, als relevante Strömung betrachtet zu werden. Zu spitz waren die regionalen Eigenheiten von Garage, einer Ursprungsform des Grime. Dort, wo im klassischen HipHop Wert auf entspannte Vibes und nerdige Samples gelegt wurden, steuerte die aggressive, treibende Polyrhythmik stetig ins gewollte Gegenteil.

Gebrochene Beatstrukturen und beißende Synthetik kulminieren dabei in der Vertonung von Schmutz und Dreck. Die Straßen Londons sind eben nicht an der Queensbridge gelegen und auch Lowrider fahren dort eher weniger. Je ungeübter das Ohr, desto härter war die Reibung insbesondere an dem Dialekt der eigenwilligen Sprachfärbung. Als Umkehrschluss dümpelte die hochkreative Londoner Szene tief im eigenen Saft, ohne über den Tellerrand hinaus Beachtung zu erlangen.

Ausreißer gab es nur wenige. Neben The Streets um Off-Beat-On-Beat-Fetischist Mike Skinner, platzierte im Jahr 2003 Dizzee Rascal sein Debütalbum auf Platz 1 der UK und US Charts. Diese Musik klang völlig anders, rougher. Doch als gegen Ende der Nullerjahre die elektronischen Klänge mehr und mehr Einzug in den britischen Rap-Kosmos erlangten und mit Hip House plötzlich die Four-To-The-Floor-Orientierung dem geneigten Grime-Connaisseur den Hörgenuß verdarb, geriet Grime und damit britischer HipHop aus dem Blickfeld des Fans jenseits der Themse.

Im Untergrund jedoch ging es nach wie vor unverändert zur Sache. Der mittlerweile legendär gewordene Abriss des Radiostudios der BBC war nur die Spitze des Eisbergs einer mehr als lebendigen Kultur. Ein Mittäter: der aus dem Norden Londons stammende Skepta. Der für große Augen sorgende 23-minütige Moment für die Ewigkeit ging um die Welt, sodass sich schließlich auch Drake von der Energie einer ganzen Stadt infizieren ließ.

Daraufhin tourte der 33-Jährige Lieblingsexot der nordamerikanischen Rap-Gemeinde im Juli 2015 durch die USA und Kanada und spielte ein ausverkauftes Konzert nach dem anderen. Den Abschluss fand man in Toronto auf dem OVO Festival, als Drizzy und Skepta gemeinsam »Shutdown« performten. In einer halbstündigen Dokumentation zeigen die Kollegen von Noisey nun den Wahnsinn auf kompakte Art und Weise und erklären, woher die neue Leidenschaft für den rotzigen Sound aus England kommt.

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