Wie läuft ein Interviewtermin mit Snoop Dogg ab? Audienz beim »Doggfather« // Feature

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Man will da jetzt noch mal nachhaken, aber der belgische Kollege holpert sich ein bisschen durch die mutige Aussage, dass ihm »Wet« – der David Guetta-Remix des Songs hat es auf das Album geschafft – doch ein wenig zu »sellout« sei: »Als ich den Song hörte, dachte ich mir: Snoop braucht anscheinend immer noch Kohle!« Wow, das könnte jetzt amtlich nach hinten losgehen. Snoop guckt während der Frage die ganze Zeit hochkonzentriert nach unten, schnellt dann mit dem Kopf nach oben. Die riesigen durchsichtigen Perlen in seinen Cornrows klackern aneinander. Stille. Dann sagt er: »Ja, stimmt.« Aufatmen, wir dürfen bleiben. »Ich würde diesen Song niemals in Amerika spielen. Er ist für Europa. Euch fließt dieser Sound hier in den Venen. Und als ich den Remix von David hörte, war mir klar, dass nur seine Version auf die europäische Version meines Albums passen würde. Wenn du im Laufe der Jahre mit deiner Musik durch die Welt reist, dann willst du den Leuten dafür, dass sie deine Fans sind, etwas zurückgeben.«

Kurzer Blick auf den Zettel: Was zu Prinz William fragen? Zu dämlich. Was über die Zusammenarbeit mit den Gorillaz? Macht grad keinen Sinn. Kurzer Blick aufs Diktiergerät: 13 Minuten schon. Wir sprechen noch ein bisschen über das »Doggystyle«-Album. Snoop wird nun zum ersten Mal damit touren, da er zur Zeit der eigentlichen Veröffentlichung im Jahr 1993 vor Gericht stand und den Klassiker nie live performen konnte. Sein neues Album »Doggumentary« sollte ja ursprünglich »Doggystyle 2« heißen. Schließt sich da thematisch ein Kreis? »Nein, ich fühle mich einfach nur wieder glücklich. Wenn du Musik machst, gibt es oft Zeiten, in denen du traurig und schlecht gelaunt bist. Aber bei meinem neuen Album habe ich versucht, die Erinnerungen und Emotionen aus der Zeit von ‘Doggystyle’ zurückzuholen. Wir waren damals junge MCs, die an einen Traum geglaubt haben. Wir glaubten an Dr. Dre. Wir glaubten an Death Row. Wir glaubten an uns selbst und wussten, dass wir nur eine Chance hatten, es aber schaffen konnten.«

»Der Doggfather hat einen dermaßen tänzelnden Gang drauf, dass man es kaum im Worte fassen kann.«

Gerade als es ein wenig melancholisch wird, unterbricht der Manager harsch den magischen Moment: »Letzte Frage, Jungs!« Noch mal der belgische Kollege. Ob Snoop immer noch Musik für die Hood mache. »HipHop ist Musik für die ganze Welt. Es ist größer als die Hood. Es verändert das Leben von den Menschen, egal wo sie herkommen. Du kannst schwarz sein, aus dem Ghetto kommen, nur von deiner Mutter großgezogen worden sein. Ich meine, so hat es angefangen, aber es hat sich alles weiterentwickelt.« Gähn. Doch dann kommt noch etwas. »Der erste Mensch, der je auf eine Trommel gehauen hat, war sich nicht bewusst, was daraus entstehen würde. Und das hat alles in Afrika angefangen. Auf einer Insel. Da haben ein paar Afrikaner auf Trommeln geklopft.« Snoop blinzelt uns amüsiert aus seinen kleinen Augen an. Er hält jetzt zwei imaginäre Drumsticks in der Hand und klöppelt damit auf eine ebenfalls nicht existente Trommel ein, die zwischen seinen Beinen steht. »Die haben vermutlich so was wie das hier geraucht«, mutmaßt der Doggfather, während er seinen Blunt beäugt. Wieder Gelächter.

Schöne Schlussworte. Aber vielleicht doch noch eine allerletzte Frage, Mr. Broadus? Er hat Bock. Wie er es eigentlich geschafft habe, dass die Gesellschaft ihn für seine Drogenverherrlichung, die Gangzugehörigkeit und das Drehen von Pornofilmen ­akzeptiert hat. Schließlich wird ein Großteil seiner ­Kollegen dafür gerne stigmatisiert. »Nun, viele Künstler schämen sich für das, was sie sind. Das tue ich nicht. Wenn ich Pornos mag, dann ist das nun mal so. Und ich will nicht, dass sich jemand deswegen angegriffen oder schlecht fühlt. Ich drücke auch niemandem meine Meinung auf. Ich bin einfach ich selbst und mache, worauf ich Lust habe: to entertain, bang, slang and make money, you know?«

Alle lachen, Snoop auch. Er hat die Brille jetzt abgesetzt. Zufriedener Snoop, zufriedene Journalisten. Noch einmal die obligatorische Handshake-Runde und dann geht es nach guten 20 Minuten wieder raus auf den Flur. Vorbei an dem größten Türsteher der Welt und ab in den Aufzug. Snoop hat in der Nacht noch einen DJ-Gig im »Paradiso Club«. Gegen Mitternacht versammelt sich die komplette Entourage vor dem Hotel und in der Empfangshalle. Eine schwarze Limousine fährt vor und ein vom Flug sichtlich zerknautschter Busta Rhymes grollt sich aus dem hinteren Wagenteil ins Freie – er wird Snoops nächtlichem Serato-Set als Host beiwohnen. In der Lobby steht Daz Dillinger mit einer 50-Gramm-Tüte Lay’s-Chips und flirtet die Dame vom Empfang an. Kurupt steigt aus dem Aufzug, irgendwo klimpert ein Homie auf dem hoteleigenen Flügel rum.

Auf einem der Sofas räkeln sich keine Journalisten, sondern zwei leichte Mädels Marke Katzenberger und hoffen darauf, an diesem Abend noch auf Tuchfühlung gehen zu dürfen. Dann steigt Snoop aus dem Aufzug. Er hat eine Art Flagge um den Kopf gebunden und ausnahmsweise mal keinen Blunt zwischen den Fingern. Der Doggfather hat einen dermaßen tänzelnden Gang drauf, dass man es kaum im Worte fassen kann. Das vordere Bein knickt beim Gehen immer leicht ein, während das hintere unfassbar cool nachgezogen wird. Bei anderen sähe das albern aus, bei Snoop wirkt es grandios. Der Snoop-Walk. Kurzes Kopfnicken in Richtung der wimpernklimpernden Mädchen. »Whattup, Bitches?« Dann verschwindet er in einem der Vans, die vor dem Hotel warten.

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