Vince Staples – Hell Can Wait // Review

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(Def Jam/Universal)

Vince Staples ist zwar erst 21, aber doch so etwas wie ein Spätzünder. Außerhalb von Expertenkreisen fiel der MC aus Long Beach, Kalifornien erstmals im letzten Jahr auf, als einziger Rapper auf Earl Sweatshirts »Doris«, der sich nicht bei dem Versuch blamierte, mit dem Gastgeber Schritt zu halten. Dabei hatte Staples zu diesem Zeitpunkt schon drei Mixtapes draußen, eins davon produziert von Mac Miller unter seinem Larry-Fisherman-Alias. Keines dieser Tapes brachte wirklich etwas in Gang für ihn. Staples blieb das Odd-Future-Anhängsel, das schon auf Sweatshirts Debüt »Earl« dabei war, aber anschließend aus bis heute ungeklärten Gründen von Tyler, the Creator ins Abseits gedisst wurde. Dann jedoch kamen der »Doris«-Track »Hive« mit Staples’ unumstößlich selbstbewusster Strophe und schließlich das Jahr 2014, in dem er endgültig seine Stimme fand. Schon »Shyne Coldchain Vol. 2«, Staples’ viertes, im März veröffentlichtes Mixtape wies in eine noch dunklere, ernsthaftere Richtung. »Hell Can Wait« etabliert ihn nun als einen der besten jungen Rapper in den Staaten. Sein Stil bleibt unverwechselbar: methodisch, kühl, scheinbar unberührt von allem, was um ihn herum passiert. Seine Texte aber offenbaren Beobachtungsgabe und Sendungsbewusstsein. »Hands Up« ist das vielleicht konkreteste Statement, das bisher gegen die Polizeigewalt der jüngeren Vergangenheit in den USA formuliert wurde. Staples trägt es zu Polizeisirenen und einem minimalistischen Beat vor, während sich kein einziger Muskel in seinem Gesicht regt. »Blue Suede« ist direkt danach die andere Seite der Medaille: Ein beinharter Track, der das Leben als Gangster nicht verharmlost oder glorifiziert, sondern als unverrückbare Realität darstellt, die oft viel zu früh unter der Erde endet. Nur der R’n’B-Chorus von »Limos« deutet darauf hin, dass es sich bei »Hell Can Wait« um das Major-Label-Debüt von Vince Staples handelt. Mit den restlichen 20 Minuten der EP liefert er ein Gangsta-Rap-Update, das dem Genre Hoffnung macht und sie seinen Protagonisten gleichzeitig wegnimmt. Am Ende will man mehr davon. Welcher Rapper hat das in letzter Zeit geschafft?

Text: Daniel Gerhardt

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