Pharoahe Monch – W.A.R. // Review

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(Duck Down/ Groove Attack)

Wertung: Fünf Kronen

Wir schreiben das Jahr 12 nach »Simon Says«. Pharoahe Monch wird diesen verfluchten Simon einfach nicht los. Der Gassenhauer unter den Trueschooler-Hymnen ist und bleibt der Song, an dem man ihn misst. Viermal hat sich er seitdem daran gemacht, den Stein wieder den Berg hochzurollen. Der Versuch, so eine Vorlage zu toppen, kann zu einer frustrierenden Angelegenheit werden. Wer das nicht glaubt, fragt am besten mal nach bei Chingy, Da Brat oder, äh, Group Home. Glücklicherweise war Monch so schlau, sich früh genug in eine neue Richtung zu entwickeln und so gelang es ihm in den letzten zehn Jahren, spürbar zu wachsen. Auch ohne Überhit zum Mitgrölen wurden seine Platten in ihrer Gesamtheit konstant besser. Mit seinem vierten Langspieler »W.A.R. (We Are Renegades)« legt er nun eine politisch ambitionierte Platte vor, die sich konzeptionell am Afghanistankrieg orientiert. Wenige Wochen vor dem Release ahnte er offensichtlich schon, was für ein Monster da in den Schubladen seines neuen Labels Duck Down schlummerte. Zumindest klingt die öffentlich geäußerte Überlegung »Perhaps I should get arrested, no, maybe pick a fight with an artist, damn that’s been done. Cock photos?« nach einer Menge guter Laune.

 

Kurz nach Release wies Pharoahe dann auch gewitzt darauf hin, dass die Raketenangriffe auf Libyen nicht zur Promotionkampagne seines Albums gehören. Tatsächlich ist die musikalische Reichweite des Albums schon an den Namen der -Produzenten und Gäste abzulesen: Traditionalisten wie Diamond D, M-Phazes und Marco Polo treffen auf Frickler wie Exile und FlyLo-Spezi Samiyam, Politrapper Immortal Technique trifft im Tracklisting auf den Indie-Folk-Songwriter-Citizen Cope, Hoodchef Styles P auf die Grande Dame des Neo Soul Jill Scott und die unbeugsame Jean Grae auf Vernon Reid von der Proto-Blakroc-Truppe Living Colour. Jede Produktion und jeder Gast sind dabei mit Bedacht ausgewählt und fügen sich schlüssig in den Kontext des Albums ein. Pharoahe, der längst im Ruf steht, ein brillanter Rap-Techniker zu sein, passt sich in seiner Vortragsweise ebenfalls jedem Thema und Beat perfekt an und brilliert vor allem als vielfältiger MC, der auch mal einen Gang zurückschalten kann, wenn es erforderlich ist, um der Musik Raum zur Entfaltung zu lassen. -Andererseits packt er die Technikkeule aus, wenn es darum geht, die ganzen Wack MCs in ihre Schranken zu weisen. Darüber hinaus gelingt es ihm, ansprechende politische und gesellschaftliche Inhalte ohne erhobenen Zeigefinger zu präsentieren – ein schwieriges Unterfangen, das bereits viele Polit-rapper vor eine schier unlösbare Aufgabe gestellt hat. Doch dort, wo Talib Kweli mit seinen »Gutter Rainbows« gerade erst aufgehört hat, setzt Monch mit »W.A.R.« neu an und macht seine Sache dabei sogar noch besser. Er kombiniert technische Raffinesse mit musikalischer Stringenz und inhaltlicher Substanz. »W.A.R. (We Are Renegades)« ist visionär und trotzdem zugänglich, vielleicht sogar halbwegs massenkompatibel. Mindestens aber extrem relevant. Am nötigen Selbstbewusstsein mangelt es dem 38-Jährigen ohnehin nicht: »They ask me, why I am highly regarded as god body/Monch is a mixture of Marcus Garvey, Miles Davis and Bob Marley.«

 

Text: Julian Gupta

 

 

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