Olson – Ballonherz // Review

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olson_cover (Urban/Universal)

Wertung: Fünf Kronen

Fangen wir vielleicht mal so an: Hardcore-HipHop-Heads und Realkeeper werden mit Olson nicht viel anfangen können. Denn von der vielbeschworenen Roughness, die Olson einst im Namen trug, ist heute nicht mehr viel zu hören. »Ballonherz« ist nämlich weniger ein Rap-Album mit Pop-Anleihen, sondern umgekehrt – mehr Melodie und Gesang waren auf einer an dieser Stelle besprochenen Platte nur selten auszumachen. Aber, und das ist die große Überraschung dabei: Das ist keine schlechte Nachricht. Denn was immer man auch von Olsons Soundentwurf halten mag – »Ballonherz« ist nicht nur ein hervorragend ausproduziertes und lyrisch souveränes, sondern vor allem ein ungemein stimmiges Album. Man spürt förmlich, wie wohl sich Olson auf den breitflächigen 808-Teppichen der Beatgees fühlt, wenn er alles und sich selbst in die Instrumentale hineinlegt. Und wenn er, in Sachen Delivery inspiriert vom Singsang-Rap eines Kid Ink, von seinem Weggang aus der Heimat in der nordrheinwestfälischen Provinz bis zum Gefühl des Angekommenseins in der Millionenmetropole Berlin erzählt, dann hat das schlicht und ergreifend Hand und Fuß. Wer es angeht und sich durch das melodiedichte Dickicht der 13 Tracks schlägt, ist jedenfalls heillos verloren – denn die wuchtigen Widerhaken, die aus jedem einzelnen Melodiebogen ragen, bohren sich tunneltief in den auditiven Cortex. Höhepunkte sind das, passend zum Albumtitel, fast schwerelos wirkende »Cornflakes & Trash TV«, auf dem Olson sich mit fluffigem Flow zurücklehnt und ins butterweiche Beatge(e)rüst fallen lässt (»und wenn wir liegen bleiben, können wir nicht hinfallen«) und das nicht minder ohrwurmeske »Megafon«, auf dem sich Olson ein Ballonherz fasst und selbstbewusst ein kleines Kapitel aus seinem »Hard Knock Life«, seiner ganz persönlichen Antiheldengeschichte vorträgt. Bisweilen bekommt man beim Hören des Albums den Eindruck, als befände man sich in der synchronisierten Hörbuchversion eines amerikanischen Achtzigerjahre-Coming-Of-Age-Films, bei dem tatsächlich »mehr Drama in der Luft liegt als Kreidestaub«. Bleibt festzuhalten, dass Olson mit seinem Majordebüt ein dermaßen großes und heliumleichtes »Ballonherz« vorgelegt hat, das die inhärente Schwere der Platte mühelos von dannen trägt, ohne sie vergessen zu machen.

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