Rapsody: »Wer weiß, ob ich ohne 9th Wonder jemals Musik veröffentlicht hätte.« // Feature

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Rapsody ist die Lieblingsrapperin deiner Lieblingsrapper: Kendrick Lamar überließ ihr die einzige Gaststrophe auf »To Pimp A Butterfly«, Dr. Dre schwärmt seitdem von ihr, und Jay Z nahm Rapsody im letzten Jahr bei seiner Roc Nation unter Vertrag. Ganz nebenbei outete sich selbst Barack Obama als Fan. Kein Wunder also, dass die Rapperin aus North ­Carolina auf ihrer letzten EP »Crown« vor Selbstbewusstsein strotzt und es kaum erwarten kann, dieses Jahr endlich ihr zweites Album herauszubringen.

Stolze sieben Mixtapes und ein Album hat Rapsody seit 2010 veröffentlicht, doch ausgerechnet nach dem Trubel um ihre kunstvolle Strophe für Kendrick Lamars »Complexion (A Zulu Love)« war es musikalisch etwas ruhiger um sie geworden. Im November letzten Jahres meldete sie sich dann nach zweieinhalb Jahren ohne Release mit der EP »Crown« zurück, ihr ursprünglich für 2016 angekündigtes Album wurde allerdings ins nächste Jahr verschoben. Doch trotz der gesteigerten Aufmerksamkeit und der prominenten Fürsprecher spürt Rapsody bei der Arbeit an dem Nachfolger zu »The Idea Of Beautiful« keinen besonderen Druck – ganz im Gegenteil. »Mir ist die Arbeit an einem Projekt noch nie so leicht gefallen wie bei dieser EP und dem kommenden Album«, erklärt Marlanna Evans aka Rapsody. »Der Erfolg nahm viel Druck von meinen Schultern, weil ich nicht mehr das Gefühl hatte, dass ich mich beweisen muss. Außerdem hat er mich als Künstlerin viel selbstbewusster werden lassen.«

Wie leicht ihr die Arbeit an »Crown« fiel, verrät schon die Entstehungsgeschichte: In gerade einmal vier Wochen nahmen Rapsody und ihr Mentor 9th Wonder 25 Songs auf. »Wir wollten aber höchstens zehn Tracks auf die EP packen, da sie Lust auf das kommende Album machen soll«, so Rapsody. »Deshalb mussten wir an manchen Stellen etwas tricksen, weil es mir unmöglich war, nur zehn der 25 Tracks auszuwählen. Ich nahm einen Part hiervon und einen Part davon und bastelte daraus einen neuen Track.« Dass ihr erstes Album für ihr neues Label Roc Nation verschoben wurde, liegt also nicht daran, dass Rapsody gegen eine Schreibblockade ankämpft. Vielmehr kämpft sie gegen ihren Perfektionismus: »Ich weiß nicht, ob ich zu selbstkritisch bin, aber ich schreibe meine Strophen wirklich sehr oft um oder komplett neu. Ich habe schon viele Strophen ganz gelöscht, weil ich mit ihnen nicht zufrieden war.« Damit nicht zu viel Musik dem Perfektionismus zum Opfer fällt, verbietet ihr Produzent 9th Wonder mittlerweile, Strophen zu löschen, bevor er sie gehört hat. »Deshalb war es so wichtig für mich, zu Beginn meiner Karriere einen solchen musikalischen Mentor zu haben, dessen Urteil ich vertraue«, erzählt Rapsody, die seit 2008 zu 9th Wonders Jamla-Squad gehört. »Wer weiß, ob ich ohne ihn überhaupt jemals Musik veröffentlicht hätte.«

Rapsody hat nie verheimlicht, dass Jay Z zu ihren größten Idolen und Einflüssen gehört. Zu Beginn ihrer Karriere studierte sie nicht nur seine Reimtechnik, sondern untersuchte auch, wo er auf »The Black Album« etwa Atempausen setzte. Insofern überrascht es nicht, dass Rapsody ins Schwärmen gerät, sobald man sie auf ihr neues Label Roc Nation anspricht. Ihrer Liebe zu Jay Zs Musik ist wohl auch zu verdanken, dass Rapsody immer wieder für eine New Yorkerin gehalten wird, obwohl sie aus den Südstaaten stammt. »Viele Leute denken, dass ich in New York lebe oder dort aufgewachsen bin. Dabei komme ich aus North Carolina, einem großen Schmelztiegel für Eastcoast und Southern Rap, der auch geografisch zwischen diesen beiden Polen liegt. Auf mich hatte der raue Boombap-Sound der Ostküste immer eine größere Anziehungskraft, trotzdem bin ich mit einer Menge Southern Rap aufgewachsen.«

Obwohl die Beats, die ihr das Produzententeam The Soul Council (9th Wonder, Khrysis, E. Jones, Ka$h Don’t Make Beats, AMP, Eric G., Nottz, Hi-Tek) auf den Leib schneidert, tatsächlich vor allem vom klassischen Boombap beeinflusst sind, zeigt »Crown« dennoch, dass Rapsody auch über das aktuelle Rapgeschehen bestens Bescheid weiß. So leiht sich »Mad« Sample und Konzept von Solanges gleichnamigem Track, »Take It Slow« bedient sich bei D.R.A.M. Doch am meisten überrascht »Tina Turner«, bei dem ein Public-Enemy-Sample ausgerechnet auf Desiigners »Tiimmy Turner« prallt. »Als ich den Track schrieb, hatte ich ständig Desiigners Hit im Ohr, aber noch keine Hook für den Song«, erinnert sich Rapsody. »Wenn das der Fall ist, freestyle ich im Studio einfach drauflos. Und da ich an diesem Tag eben den Ohrwurm von ‚Tiimmy Turner‘ hatte, entwickelte sich dieser Freestyle zu meiner Version des Hits. 9th Wonder hatte dann nachträglich noch die Idee, den Track mit einem Public-Enemy-Sample zu beginnen – so kam es zu dieser ungewöhnlichen Paarung. Dahinter verbirgt sich also keine größere Idee oder gar ein Konzept.«

Solche Experimente sprechen für das Selbstbewusstsein der Rapperin aus Snow Hill, North Carolina, das sie seit ihrem Beitrag zu Kendrick Lamars »To Pimp A Butterfly« getankt hat. Auch die Krone im Titel der letzten EP symbolisiert dieses Vertrauen in sich selbst. Gleichzeitig appelliert Rapsody mit dem Titel auch an die Hörer, selbstbewusst und erhobenen Hauptes durchs Leben zu gehen: »You didn’t leave the house without your crown did you?/Just as sure as the earth is round/We bounce back up when they throw us down/So don’t forget your crown.« So gerne Rapsody auch über das Konzept ihrer letzten EP »Crown« spricht, über ihr kommendes Album will sie noch nichts verraten. Immerhin, einen kleinen Einblick gewährt sie: »Während sich diese EP darum dreht, wie ich mich jetzt fühle und was ich erreicht habe, wird das Album von der Reise handeln, wie ich zu diesem Punkt gelangt bin.«

Während wir uns also auf das zweite Album von Rapsody freuen, wird sich der neue Präsident der USA wohl weiterhin mit der Musik von 3 Doors Down begnügen müssen. Denn im Gegensatz zu Obama wird Donald Trump definitiv kein Fan von Rapsody, die den »pussy grabbing«-Präsident in einem Essay für Billboard scharf kritisierte und auch im finalen Track »Fire« ihrer EP gegen den POTUS und die First Lady Melania Trump schießt. Aber prominente Fans hat Rapsody ja auch so schon genug. ◘

Text: Daniel Welsch

Dieses Feature erschien in JUICE #179 (hier versandkostenfrei bestellen).

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