Pusha T: »Trump ist der schlechteste Präsidentschaftskandidat aller Zeiten.«

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Vor allem die Zusammenarbeit mit Timbaland scheint es dir angetan zu haben. Du hast vor kurzem gesagt, dass man seine Beats knacken müsse wie einen Code.
Oder wie ein Puzzle. Die Timbland-Beats auf »Darkest Before Dawn« haben mich in eine ganz neue Richtung geführt. Da sind Rhymepatterns und Rhythmen dabei, die du noch nie von mir gehört hast – und das ist sein Verdienst. Man muss Geduld haben, um seine Beats herumtänzeln, bis man die richtige Melodie, die richtigen Betonungen und natürlich auch das textliche Niveau findet, das die Leute von mir erwarten. Erst wenn man das geschafft hat, ist der Code geknackt.

Schon der Titel von »Darkest Before Dawn« deutet an, dass es nicht mehr düsterer geht als auf dieser Platte. Soll »King Push« also luftiger und leicht-füßiger werden? Sozusagen deine persönliche Krönungszeremonie?
Leichtfüßiger…ich weiß ja nicht. Es ist auf jeden Fall eine buntere, abwechslungsreichere Platte. Das Ziel für »Darkest Before Dawn« war tatsächlich, ein zu hundert Prozent düsteres Album zu machen; eine Platte, auf der es nur diese eine Stimmung gibt. Einfach aus dem Grund, um das mal aus dem Weg zu schaffen. Auch auf »King Push« wird sich sicherlich etwas davon wiederfinden, aber das Album hat auch seine fröhlichen Momente. Und wenn wir schon drüber reden: Es wird wirklich bahnbrechende Features enthalten. Features von lebenden Legenden. Features von Leuten, die fast in Vergessenheit geraten wären. Außerdem möchte ich damit wieder konsequenter an die Neptunes-Produktionen anschließen, die unsere Fans bei The Clipse offenbar immer sehr geschätzt haben.

Trump ist der schlechteste Präsidentschaftskandidat. Und zwar nicht bloß im aktuellen Wahlkampf, sondern aller Zeiten. Punkt.

Du warst bisher nicht dafür bekannt, dich mit deinen Texten ins tagesaktuelle politische Geschäft einzumischen. Auf »Darkest Before Dawn« ist das anders. Der Song »Sunshine« beschäftigt sich mit dem Problem der Polizeigewalt gegen Afroamerikaner, das die Behörden noch immer nicht in den Griff kriegen. Und gleich zu Beginn der Platte stichelst du gegen Donald Trump.
Trump ist der schlechteste Präsidentschaftskandidat. Und zwar nicht bloß im aktuellen Wahlkampf, sondern aller Zeiten. Punkt. Er ist ein offensichtlicher Rassist und Fanatiker. Was also hat er auf den ganz großen Bühnen verloren?

Aus der Sicht eines HipHop-Fans finde ich an Trump besonders perfide, dass er sich aufführt wie ein fehlgeleiteter Rapper: das großkotzige Auftreten, die maßlosen Aussagen, die vermeintlich cleveren Punchlines und geschmacklosen Angriffe gegen die anderen Kandidaten. All das erinnert mich an jemanden, der HipHop komplett falsch verstanden hat. Und wenn man sich mal eine Fernsehdebatte der Republikaner anguckt, ist das wirklich wie ein unglaublich schlechter, unglaublich weißer Rap-Battle.
(überlegt) Mir gefällt dieser Gedanke nicht. Ich möchte Trump nicht als Rapper bezeichnen, diesen Vergleich hat nicht mal der schlimmste MC aller Zeiten verdient. Für mich sind diese TV-Debatten wie besonders schlechtes, nervtötendes Reality-TV. Das ist das Niveau, von dem wir reden. Und natürlich ist er so dumm, dass die Leute voll auf ihn anspringen.

Gibt es für einen Rapper, der sich Gedanken um seine Botschaft und ihre Vermittlung macht, daraus etwas zu lernen? So widerlich Trump auch ist: Er weiß, wie er sein Programm an den Mann bringt. Für seine Zielgruppe scheint er genau den richtigen Ton anzuschlagen.
Ich mache mir keine Sorgen darum, wie meine Botschaft ankommt. Ich habe meine Fanbase, und die ist sehr loyal. Die Leute verstehen mich, und ich verstehe sie. Trotzdem muss ich zugeben, dass ich noch nicht das Optimum raushole. Ich könnte mehr Leute erreichen und ich werde auch noch mehr Leute erreichen – aber nicht auf Kosten meiner Inhalte. Ich vertraue einfach darauf, dass diese Dinge Zeit brauchen und sich von selbst regeln. Ich habe noch nie etwas überstürzt in meiner Karriere, und ich werde jetzt nicht damit anfangen.

 

Ich frage natürlich auch nach den Zusammenhängen zwischen Rap und tagesaktueller Politik, weil die HipHop-Kultur immer mehr in der Mitte der Gesellschaft ankommt. Selbst Präsident Obama äußert sich mittlerweile zu Fragen wie: »Wer ist besser: Kendrick Lamar oder Drake?« Und Killer Mike ist quasi ein inoffizielles Mitglied des Wahlkampfteams von Bernie Sanders, einem Präsidentschaftskandidaten der Demokraten. Was hältst du davon, dass HipHop mittlerweile in diesen Kreisen verkehrt?
HipHop verkehrt nicht nur in diesen Kreisen – HipHop gibt den Ton an. HipHop regiert die ganze Welt, Alter. HipHop gibt die Energie vor, nach der sich alles richtet.

Ist das eine ausschließlich positive Entwicklung? Ursprünglich war HipHop ja eine Underground-Kultur. Rap gab den Leuten eine Stimme, die sonst nicht gehört wurden. Kann die Kultur aus deiner Sicht noch subversiv sein, wenn sie zum Establishment gehört?
Für mich hat die Entwicklung der letzten Jahre keine Nachteile. Es ist einfach schön, diesen Siegeszug mitzuerleben. Und die Rapper, die wirklich Schlagzeilen machen, gehen in meinen Augen sehr gut mit ihrer Verantwortung um. Sie bringen die Kultur voran und finden eine sinnvolle Balance zwischen Entertainment und Message.

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