Nas – Nasty

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Und täglich grüßt das Murmeltier. Kürzlich kündigte Nas ein neues Album mit dem irritierenden Titel »Life Is Good« an. Wie sich das für ein neues Nas-Album gehört, kommt nun vorab die obligatorische Retro-Funkbreak-Bombe für die staubigen Straßen der wilden WWW-Prärie, wo mit tausendprozentiger Sicherheit wieder die alte »Illmatic«-Diskussion aufflammen wird. Sprich, bald werden in Reviews, Foren und Blog-Posts wieder reihenweise Stammtisch-Unwahrheiten verbreitet wie: Nas war nie wieder so gut wie auf seinem Debütalbum vor 17 Jahren, Nas ist der schlechteste Beat-Picker aller Zeiten, Nas hatte nie gute Singles, Nas hat sein Mojo verloren. Alles Unfug. Nas ist – mit wenigen Ausnahmen – einer der konstantesten MCs, die jemals ein Mikrofon gesegnet haben.

Das »Nastradamus«-Debakel jetzt mal ausgenommen, hatte jedes seiner Alben einen Haufen großartiger Songs, deren Reiz sich freilich oftmals erst Jahre später wirklich erschloss. Zudem ist er einer der wenigen Rapper, die es immer noch schaffen, relevante Aussagen, gottgleiche Flows, zeitgemäße Soundästhetik UND kommerziellen Impact unter ein NY Fitted Cap zu bringen.

Vor allem jedoch hat der gute Mr. Jones stets penibel darauf geachtet, in der Promo-Dramaturgie zuerst die hartgesottenen Fans und Blog-Nörgler versöhnlich zu stimmen: Die erste Single von »God’s Son« war das unfassbar rohe, auf dem klassischsten aller Breakbeats basierende »Made You Look«. Vor »Street’s Disciple« erschienen mit »Thief’s Theme« und dem Titeltrack zwei Granaten ähnlichen Zuschnitts. Vor »HipHop is Dead« und der offiziellen Will.I.Am-Single kam die Street-Single »Where Y’all At«, die am Ende nicht mal auf dem Album landete. Und vor dem »Untitled«-Album, das ja eigentlich mal »Nigger« heißen sollte, leakte Nas auf dem »Nigger Tape« mit DJ Green Lantern einen inhaltlich wie musikalisch garantiert radiountauglichen Song namens »Be A Nigger Too« inklusive ansehnlichem Rik Cordero-Kurzfilm.

Zuständig für all diese Tracks war ein Mann, der sonst im Produzentenkarussell des US-Rap-Mainstreams eher keine größere Rolle spielt: Salaam Remi. Der Reggae-Keyboarder, Filmmusiker und Pop-Produzent, dessen erste Arbeiten für Kurtis Blow bereits in den späten Achtzigern erschienen, war für Nas in den letzten zehn Jahren der Go-To-Guy für das authentische Blockparty-Feeling ohne Friede-Freude-Eierkuchen-Attitüde, dafür mit geschmackssicher gepickten Breakbeats und jener Hardcore-Edge, die auch Remis große Neunziger-Hits für The Fugees oder Ini Kamoze auszeichnete. So war es relativ absehbar, dass auch der Vorbote für »Life Is Good« wieder einmal aus der bewährten Fabrik von Mr. Remi kommen würde. Und wenn sogar QB-Stalinisten wie Robbie Ettelson von unkut.com das Teil abfeiern, dann ist der Plan ganz offensichtlich aufgegangen.

Tatsächlich macht Nas auf »Nasty« einmal mehr das, was er am Besten kann: Flowen wie ein junger Gott. Und immer wenn man denkt, jetzt müsste ihm aber wirklich die Puste ausgehen, setzt er noch eins drauf. Kein Ahnung, wovon der Typ da eigentlich genau faselt, aber es ist einfach so wunderschön, dieser eleganten Betonung zu lauschen, dieser eigenwilligen Phrasierung und dieser unglaublich charismatischen Stimme. Allen noch so absurden Sellout-Vorwürfen knallt Salaam Remi ein roughes Funkbreak vor den Latz, das wie ein Referenztrack für das nie veröffentlichte Kollabo-Album von Big Daddy Kane und Kool G. Rap klingt.

Wenn Nas und Salaam Remi zusammen ins Studio gehen, dann ist es offenbar für beide eine kleine Reise in ihre New Yorker Jugend. Nas, der als Teenager Anfang und Mitte der Achtziger die Blockpartys in Queensbridge und den Aufstieg der Juice Crew miterlebt hat. Salaam Remi, der früher reggae-beeinflusste Brooklyn-Klassiker für Da Bush Babees und The Fugees erschuf und heute mit Nelly Furtado, Amy Winehouse oder Fergie im Studio steht, um die Miete für das Loft in Miami zu zahlen. Zusammen basteln sie alle paar Jahre diese kleinen Klassiker für die nächste Grillparty in der Nachbarschaft. Die mit mariniertem Fleisch vom Lidl und billigem Schnaps in Plastikbechern. Und wenn dann das Album erscheint, jammern alle wieder rum, dass da eben auch Blockbuster-Produktionen und doofe R&B-Features drauf sind. Manche Dinge ändern sich eben nie. Gerade das macht sie allerdings auch so schön.

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