»Da waren Namen wie Usher, Kylie Minogue oder Janet Jackson im Spiel« // Monroe im Interview

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Mit einem einzigen Track hat sich der in ­Hamburg lebende Produzent Monroe vor wenigen Jahren aus dem Stand an die Spitze des Deutschrap-Games katapultiert: “Monstershit” hieß das ­futuristische Geschoss, das er Kool Savas und Azad für deren “One”-Projekt bastelte. Seitdem hat er nicht nur ein Producer-Album, Kollabo-Alben mit Separate und Pal One sowie insgesamt an die 140 Songs veröffentlicht, sondern ist auch unter die Geschäftsleute gegangen: Sein neues Album “Movement” wird es neben dem üblichen Indie-Vetrieb auch über das eigene digitale Vertriebsmodell cashtunes.de zu beziehen geben. Auf seinem zweiten Producer-Longplayer hat der sympathische Ostfriese wieder mal die deutsche MC-Elite von Olli Banjo über Curse bis Samy Deluxe und Snaga & Pillath zusammengetrommelt.

Nach den Projekten mit Separate und Pal One wurde es ein wenig still um dich – jedenfalls von außen betrachtet. Woran lag das?
Ich hatte an so vielen Projekten gearbeitet, dass danach ein wenig die Inspiration fehlte. Ich war eine Zeit lang relativ abgeturnt, denn ich wusste nicht, was ich als nächstes machen wollte, ohne mich zu wiederholen. Und auch wenn ich musikalisch mit den Alben von Separate und Pal One nach wie vor total zufrieden bin, sind sie wirtschaftlich ja nicht so gelaufen, wie wir alle uns das vorgestellt hatten – das kann man ja ganz offen sagen. In dieser Zeit habe ich dann überlegt, ob ich mich eher darauf konzentriere, mein Studium fertig zu bekommen. Plötzlich machten viele Labels dicht, die Budgets schrumpften, doch der Arbeitsumfang für mich blieb der gleiche. Da stellt sich schon die Frage, ob man sich damit zufrieden gibt oder irgendwann auch entspannt eine Familie versorgen können möchte.

Du hast dann unter anderem versucht, in ­Richtung USA zu expandieren, richtig?
Ja, über meinen Verlag EMI habe ich die Möglichkeit bekommen, in New York einige Wochen lang mit Ami-Songwritern an zehn, 15 Songs zu arbeiten. Da waren Namen wie Usher, Kylie Minogue oder Janet Jackson im Spiel, die Beats reserviert haben. In solchen Situationen schicken andere Produzenten immer schon eine Pressemitteilung raus. (lacht) Aber für diese Alben werden in der Regel nun mal an die 50 Songs aufgenommen, und am Ende sind meine nie drauf gelandet – das kann ich offen zugeben, darüber bin ich natürlich auch enttäuscht. Aber ich habe gemerkt, dass man länger drüben sein muss, um etwas zu erreichen. 15 Songs sind für die Amis gar nichts, die sind schnell durchgeskippt, und jeder anständige Songwriter hat mindestens 150 Songs auf Halde.

Daneben hast du auch in Deutschland an Pop-Produktionen gearbeitet.
Ja, ich habe 2007 angefangen, mit Dennis ­Haberlach aus der zweiten “Deutschland sucht den Superstar”-Staffel ein Album zu machen. Seit eineinhalb Jahren sammle ich mit ihm nun schon Songs. Allerdings arbeitet er Vollzeit, so dass wir uns nicht so oft sehen können. Wir haben ja auch keinen Deal und daher keinen Druck. Wir wollen zehn geile Songs zusammenbekommen und damit auf Tour zu den Labels gehen. Das Projekt geht in Richtung Pop, aber auch in Richtung Ne-Yo oder Chris Brown, was er damals bei “DSDS” nicht ausleben konnte. An den Drums wird man zwar noch den HipHop-Einfluss hören, insgesamt sind das aber eher musikalische Sachen mit Live-Instrumenten und keine Sample-Beats.

Wie lang war denn überhaupt die Phase, in der du abgeturnt warst?
Nicht so lange. (lacht) 2008 kamen ja auch schon wieder Songs von Curse & Xavier, D-Flame und Bo und in diesem Jahr wird eine Nummer von mir auf Xaviers Soloalbum sein, Samy Deluxe hat zwei Beats gepickt, mit Bo habe ich einen Hit zur Tour mit Jan Delay gemacht, danach kommen als nächstes Laas Unlimited und Ercandize, 2010 dann Eko und ­vielleicht wieder Curse.

Also hast du dich gegen das Studium und für die Musik entschieden?
Nein, ich habe mich schon mehr auf das Studium konzentriert. Und weil ich es vorher zwei Jahre lang vernachlässigt hatte, ist es jetzt so eingerenkt, dass ich noch im normalen Zeitplan stecke. Inzwischen sehe ich Musik aber wieder als meine Hauptbeschäftigung, obwohl ich weiß, dass ich das mit 40 vielleicht nicht mehr mache.

Wie ist jetzt die Motivation zu einem neuen Producer-Album entstanden?
Ich wollte es unbedingt machen, weil ich solche Songs wieder hören wollte, wie ich sie selbst am liebsten mag, nämlich diese klassischen Rap-Sachen ohne krampfiges Electro-Gefrickel, dafür aber mit gesungenen Hit-Hooks. Ich wollte vor allem richtige Songs mit Konzepten haben und kein übers Knie gebrochenes Mixtape. Ich mag es, wenn ein Song einen Aufhänger oder ein Thema hat, wenn es mehr gibt als nur ein paar aneinander geklatschte Sechzehner, also Hooks, Bridges, C-Parts und solche Elemente.

Das Album erscheint über dein eigenes Label Paper Paper, richtig?
Ja, wir haben Groove Attack als physischen und digitalen Vertrieb, betreiben aber mit cashtunes.de parallel noch einen eigenen Direkt-Digitalvertrieb. Die Kurse von iTunes oder Musicload fand ich wenig zufriedenstellend: Da bleiben mir bei einem Verkaufspreis von zehn oder elf Euro gerade mal 4,30 oder 4,40 Euro pro Platte nach allen Abzügen. Und das sehe ich trotz Marktmacht und Positionierung bei einem Digitalprodukt nicht ein. Deshalb haben ein paar Kollegen eine Lösung entwickelt, die den Bedürfnissen der Künstler gerecht wird. Wir nehmen bei cashtunes.de nur 15 Prozent der Verkaufseinnahmen und wollen nichts exklusiv haben. Wir schütten von allen Anbietern die meisten Einnahmen an die Künstler und Labels aus. Außerdem bieten wir Handy-Payment an, was bei den großen Seiten immer noch nicht geht, aber letztlich eine praktische Methode ist, gerade für die jungen Käufer, die oft noch keine ­Kreditkarte oder kein eigenes Konto haben und stattdessen auf illegale Downloads zurückgreifen.

Beobachtest du die anderen deutschen ­Produzenten und freust du dich darüber, wenn z.B. Crada einen Beat auf einem Kid Cudi-­Album platziert, das in den USA Top 5 geht?
Ignoranterweise muss ich zugeben, dass ich nach wie vor von Produzenten in Newslettern lese, die ich überhaupt nicht zuordnen kann und von denen ich nicht einen konkreten Song kenne. Auf jeden Fall freue ich mich aber für Crada. Grundsätzlich freue ich mich für jeden Deutschen, der bei einem Ami was platziert, denn am Ende ist das für uns alle gut. Und Crada hat nun mal geile Beats, da geht es also neben Connections auch unbedingt um die Musik, die einfach gut ist. Ich habe ja auf meinem Album auch einen Song, auf dem Shuko, Tai Jason, Phrequincy, Kingsize und ich rappen. Ich wollte einfach zeigen, dass ich cool mit den Jungs bin und die alle feiere. Der Song ist für eine Schnapsidee auch überraschend dope geworden. (lacht)

Was waren die Einflüsse für den Sound des neuen Albums?
Neben Jay-Z fand ich die Konzeption und den Sound der Rick Ross-Alben immer groß, egal was die HipHop-Polizei Realness-technisch von ihm hält. Ich wollte diesen DJ Khaled-Vibe, also Kollabos mit drei bis sechs Mann pro Song, Ali A$ hatte die Idee, das Album “We Local” zu nennen. (lacht) Aber der Sound ist eigentlich weniger Runners-Zerstörungsmusik geworden, dafür eher traditionelle, Sample-lastige Mucke mit 2010-Update und den charakteristischen Monroe-Drums. Leute im Alter von Separate, Eko, Senti, Laas und mir werden sich freuen, dass es endlich wieder solche Musik aus Deutschland gibt, da bin ich mir sicher.

Hast du den Rappern Vorgaben in Bezug auf die Inhalte gemacht, etwa bei Disses?
Grundsätzlich schreibe ich den Rappern nichts vor, nur möchte ich natürlich nicht, dass Rapper gedisst werden, die dann einen Track später auf meinem Album vertreten sind. Wenn es um Rapper geht, die ich gar nicht kenne, dann ist es mir egal. Ich denke mir: Wenn die sich darüber aufregen, dass ich den Beat gemacht habe, auf dem sie gedisst werden, dann ist das schon ein wenig gestört. Aber ich nehme auch nicht mit jemandem auf, der Samy einen Spruch drückt, wenn Samy einen Abend vorher bei mir auf der Couch gechillt hat. ­Trotzdem ist mir bewusst, dass ich mit Leuten zusammenarbeite, die sich teilweise untereinander nicht leiden können. Teilweise waren anfangs die Listen derjenigen, die bitte nicht außer den jeweiligen Rappern auf dem Song sein sollen, schon sehr lang. (lacht) Unterm Strich habe ich trotzdem viele Kombos, die es in der Form noch nicht oder schon lange nicht mehr gab: Eko Fresh mit Separate, Banjo mit Curse und Erc, Laas mit Erc, Ali A$ und Illo, Samy mit Pillath und Separate oder Eko mit Sentino.

Gerade Sentinos Auftritte sind überraschend. Außer ein paar abstrusen Video-Botschaften aus Polen hörte man seit seinem großspurig betitelten Album “Ich bin deutscher HipHop” eher ­wenig von ihm.
Seit er vor eineinhalb Jahren fest nach Polen gegangen war, hatte ich auch nur einmal mit ihm gesprochen. Dann gab es lange keinen Kontakt, weil niemand seine aktuelle Nummer hatte. Am Ende habe ich die Nummer über DJ Tomekk bekommen, der eigentlich auch noch auf dem Producer-Song dabei sein sollte, was dann aber an finanziellen Differenzen gescheitert ist. Tomekk, Eko und ich sind ja die Einzigen, die ­Sentino noch die Hand reichen – das hat er genau so gesagt. Natürlich kenne ich wie jeder im Game eine Million Storys über Senti, aber mir hat er nie was getan, und er ist nach wie vor einer meiner ­Lieblingsrapper in Deutschland.

Separate war seit eurem gemeinsamen Album auch von der Bildfläche verschwunden und hatte sogar halboffiziell seinen Rücktritt verkündet..
Ja. Er hatte auch wirklich lange nichts mehr gemacht, dann hat er wieder angefangen, Musik aufzunehmen, aber erstmal für sich und nicht für eine konkrete Veröffentlichung. Die Songs auf meinem Album sind meines Wissens sein erster Release seit “Jagd auf den König 2”. Aber zu ihm habe ich im Gegensatz zu Sentino immer Kontakt gehalten. Wir haben auch mal telefoniert und uns gesehen, unabhängig von der Musik. Ich weiß auch nicht, ob er jetzt wirklich zurückkommt, aber ich musste ihn unbedingt auf meinem Album haben. Die Tracks auf meinem Album sind richtig krass geworden und er ist auch auf meiner ersten Video-Single zusammen mit Eko vertreten.

Text: Stephan Szillus

Foto: David Luther

 

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