Migos – CULTURE // Review

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(Quality Control Music)

Wertung: Fünf Kronen

Migos sind die Beatles der Jetzt­zeit. Hat Golden-Globe-Glover gesagt, und der muss es wissen. Schließlich hat er mit »Atlanta« gerade die lustigste US-Rap-Serie gedreht und als Childish Gambino ein Psych-Soul-Album aufgenommen, wegen dem Questlove D’Angelo um drei Uhr in der Nacht aus dem Bett geklingelt hat. Fair enough: Mindestens die Prominenz des Dabs geht auf die Kosten des Trios, Hashtag-Hooks machten sie mit »Versace« salonfähig und die Migos’sche Reim-Rhythmik zog sich durch alle erfolgreichen Rap-Releases der letzten drei Jahre. Insofern waren Migos längst im Mainstream gefestigt. Allein ihr 2015er Albumdebüt »Young Rich Nation« wollte nicht mit den Mixtape-Erfolgen mithalten. Also »Back To The Bando« und nun mit ordent­lichem Video-Rücken zum zweiten Anlauf. Lässt man Zahlen sprechen, ist »CULTURE« schon vor Release der Game-Changer: »Bad And Boujee« ist Migos’ erste Nummer eins und Platin-Single. Und nach dem verfrühten Rap-Video des Jahres (»T-Shirt«) gab es nun eine Petition, die Lady Gaga beim Super Bowl durch das ATL-Trio ersetzen wollte. Doch die berechtigte Frage: Was kann ein groß angelegtes Projekt eines Trios, das mit seinen Mixtapes bis dato vor allem das Albumformat in Frage stellte? Erst einmal hält man sich an die Erfolgsformel: Stop-n-go-Flows – Flows! (Offset-Voice) Auf Hi-Hat-Geratter – Geratter! (Takeoff-Voice) Besprenkelt mit Synth-Arpeggios – Arpeggios! (Quavo-Voice) Dazu unnötig misogyne Zuspitzungen und unfassbare Zusammenfassungen des Trap-Erfolgszuges: »Came from Cup O’ Noodles/I fucked the game, Kama Sutra« (»Call Casting«). Doch die Familie hat auch an der Musikalität gefeilt und ihren Pop-Sinn geschärft: Travis Scott’sche Vocal-­Flächen hängen nun über dem Drum-Dickicht, jede Menge Reverb sorgt für Tiefe und »Out Ya Way« ist gar astreiner Trap-Schmalz, der auch Drake gestanden hätte. Man kann »CULTURE« in zwei Hälften teilen: eine erste, die Hit-Hungrige gefangen nimmt, und eine zweite, die diese in bekanntes Migos-Ge­biet entführt, wo Zaytoven an den Tasten sitzt und man mit 2 Chainz ATL-Cineasmus zelebriert. Dass Quavo sich im letzten Jahr mit seinen vielen Features zum Quasi-Frontmann aufgespielt hat, ist auf »CULTURE« schnell wieder vergessen, wenn sich die drei mit jeder Menge »brrt, skrrt, skrrt, skrrt« den Rücken stärken. Das macht »CULTURE« zu einem anti-indivi­dualistischen Statement. Ja, Migos brauchten ein Album wie dieses. Die Kultur brauchte es.

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