Kings Of HipHop: Drake // Feature

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Lustigerweise schien Drake auf »Comeback Season« bereits zu ahnen, wo die Reise hingehen sollte: »If ’09 is when I’mma see mine/Being cool ain’t enough, I’mma freeze time«. Nach »Comeback Season« bekam er bereits Post von Labels, aber nachdem Anfang 2009 die erste Musik aus seinem Durchbruch-Tape »So Far Gone« im Netz debütierte, blinkte seine Hotline nonstop: Interscope, Motown und Roc-A-Fella hauten ihm die Racks um die Ohren. Drake löste einen der größten Bieterkriege in der Popgeschichte aus, lehnte aber alle Deals ab, um am Ende bei Cash Money/Young Money die Druckerschwärze zu setzten. Drake sagte später in Interviews, dass ihm vor allem die Loyalität zu Wayne – der ihn ja bereits 2008 in seine engen Kreise eingeladen hatte – die Entscheidung abnahm. Die insgesamt drei Millionen Dollar, die Birdman und Weezy ihm anboten, werden aber ­sicherlich auch ein Argument gewesen sein.

»Nur noch gut rappen zu können, beeindruckt heute niemanden mehr. Du musst ein vielschichtiger Künstler sein«, behauptete Drizzy im Rahmen einer Sprite-Werbekam­pagne. »Mein Vater riet mir einst: Wenn du die Welt wirklich schocken möchtest, dann singe UND rappe«. Drake war ermutigt, diesen Rat seines Vaters auf »So Far Gone« radikal umzusetzen, nachdem erst ein anderer die Welt geschockt hatte: Kanye West definierte mit »808s & Heartbreak« 2008 komplett neu, was mit Melodien im Rap erlaubt war, und zauberte damit die Blaupause für Drakes Mixtape – und Drake konnte im Gegensatz zu Kanye sogar richtig singen. »So Far Gone« war aber nicht bloß wegweisend, weil es die Geburt des ersten HipHop-Künstlers anzeigte, der Rap und Gesang konsequent und eigenhändig zu verschmelzen wusste. Drake hob mit einem so kohärenten Tape zudem den Qualitätsstandard für verschenkte Musik gehörig an. Die Kohärenz: Sie hält sich durch den atmosphärisch-vernebelten Mid-bis-Downtempo-Sound, der sich durch Drakes folgende Alben ziehen und weiterentwickeln sollte. »Ich mache meine Musik gezielt fürs Autofahren in der Nacht«, sagte er mal The National.

Zu einem amtlichen Hype gehört natürlich auch die Billboard-sprengende Single. »Best I Ever Had« stellte Drake der Welt als Herzensbrecher schlechthin vor, aber der Song holte nicht deswegen Dreifachplatin, weil er bloß in pink tapezierten Prom-Queen-Kinderzimmern auf Repeat lief. Er funktionierte wie eine Schachtel Merci: Jeder kennt doch jemanden, dem er mal sagen möchte, wie sehr man ihn schätzt. Für die Männer hatte Drake in Zeitlupe gehaltene Doppel-D-Wackler in einem absurden Musikvideo und einige der lässigsten Ansagen: »When my album drop, bitches’ll buy it for the picture/And niggas’ll buy it too and claim they got it for their sister.« Wieder so eine Selbstprophezeiung: Als rund eineinhalb Jahre später Drakes Debütalbum »Thank Me Later« erschien, kam tatsächlich niemand mehr um ihn herum: Features von Jay Z, Young Jeezy und Alicia Keys, Beats von Swizz Beatz, Kanye West und Timbaland, 447.000 verkaufte Einheiten in der ersten Woche und Platz 1 in den Billboard-Charts. Boom.

»Thank Me Later« entstand größtenteils, als Drake sich von einer Knieoperation erholte. Bei seiner ersten großen Tour, auf die ihn Lil’ Wayne direkt nach Unterschreiben ihres Deals mitgenommen hatte, fiel er während der Performance von »Best I Ever Had« von der Bühne. Während Drake sich auskurierte, wurde sein Game Changer »So Far Gone« als EP re-releast, und das Young-Money-Schiff begann, so richtig Kurs gen gelobtes Land zu nehmen. YMCMB war das für die nächsten Jahre Snapbacks rulende Akronym. Neben Drake und seinem Mentor, der sich nach »Carter III« ohne Frage auf dem Höhepunkt seiner Karriere befand, war natürlich Hoodrat-Barbie Nicki Minaj für den Buzz verantwortlich. Die Rolle des YMCMB-Prinzenpaars haben Drizzy und Nicki zur Freude aller Klatschblätter wunderbar ausgeschlachtet. Was mit der Hochzeit in Nickis »Moment 4 Life«-Video und Lines wie »I hope one day we get married just to say we fucking did it« vor fünf Jahren begann, wurde auch gegenwärtig fortgesetzt, per Lapdance im »Anaconda«-Clip und offenkundig geäußerten Wünschen, doch mal zusammen in die Kiste zu steigen: »Nicki if you ever tryna fuck just give me the heads-up so I can plan for it« (»Only«). Ein gigantischer Gimmick? You name it. Drake mag sich in seinen Texten authentischer als viele seiner Kollegen geben, freisprechen von kalkuliertem Gossip für die Promo kann sich der spätere Loverboy von Rihanna und Serena Williams sicher nicht.

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