JUICE #151 ab 16.05. am Kiosk

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So langsam wird es beängstigend. HipHop geht es so gut wie selten zuvor. Binnen kürzester Zeit gingen so verschiedene Acts wie Kollegah & Farid Bang und Prinz Pi auf Platz 1 der Charts. Zahlreiche weitere Rap-Alben platzierten sich in den letzten Monaten in den Top 20. Wir befinden uns auf dem Weg zum Peak des dritten Deutschrap-Booms nach ‘98 und ‘04, doch etwas ist anders – diesmal geht es allen gut dabei. Der deutsche HipHop hat sein Schicksal in die eigene Hand genommen.

Für uns liegt es auf der Hand: Die nächsten Senkrechtstarter aus der Szene sind Genetikk. Karuzo und Sikk haben bereits mit ihrem letzten Release »Voodoozirkus« bewiesen, dass sie in sehr kurzer Zeit eine extrem treue, beinahe fanatische Anhängerschaft generieren können. Doch auch jenseits des Selfmade-Camps zeichnet sich ganz klar ab, dass deutscher HipHop 2013 nicht mehr aus der öffentlichen Wahrnehmung zu verbannen sein wird. Anders gesagt: Es wird ein langer, heißer Sommer.

Die JUICE-Ausgabe #151 (Juni 2013) ist ab dem 16.05. bundesweit für 5,90 EUR inklusive JUICE CD #116 im Zeitschriftenhandel erhältlich.

DIE THEMEN DER JUICE AUSGABE #151
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Titel: Genetikk – Kopfnicker Karuzo und Sikk sind die Könige der Lügner. Von links außen überrollten sie in den letzten zwei Jahren die deutsche Rap-Szene, von ihrem Street-Album »Voodoozirkus« verkauften sie mehr Einheiten als manch renommierter Künstler von seinem neuesten Brostep-Projekt, unterschrieben folgerichtig bei Selfmade Records und spielten eine ausverkaufte Tour mit den 257ers und DCVDNS. Ihr neues Album »D.N.A. (Da Neckbreaker Aliens)« überraschte selbst uns, denn es ist nicht weniger als ein ­moderner HipHop-Klassiker; ein Deutschrap-Manifest, das die besten Elemente von »Battlekings«, »Gottes Werk und Creutzfelds Beitrag«, »Deluxe Soundsystem«, »Maske« und den »Zuhältertapes« in einen ­Nulldreizehner Mindstate übersetzt. JUICE-Chefredakteur Stephan Szillus traf Genetikk zum großen Interview.

Tyler, The Creator – Unter Wölfen
London, elf Uhr morgens. »Du musst hier noch unterschreiben und erklären, dass im Falle ­einer Verletzung nicht wir die Schuld tragen.« »Wie, verletzen?« »Ja, das kommt schon mal vor. ­Einfach hier unten.« Die gut gekleidete Dame grinst dermaßen freundlich, dass ich den Wisch ungelesen mit meinem Namen versehe. Als wäre sie eine Zauberfee in der Praxis eines Kinderarztes, fliegt sie durch die beeindruckenden Hallen des Londoner »Vice«-Büros und macht eine ­Einverständniserklärung nach der anderen klar. Neben mir sitzt ein Journalist aus Paris, ein ­Vertreter des »NME« und einige britische Blogger, etwas näher am Eingang stehen die auserwählten Fans und reden eifrig miteinander. Sie sind deutlich jünger, vitaler und wacher als wir. Die Dame mit den Papieren hebt die Hand und gibt das Zeichen zum Aufbruch. Gemeinsam gehen wir zur Straße, dort wartet ein alter, roter Linienbus mit der Aufschrift »Wolf«. Es geht in die britische Provinz, wir sollen Paintball spielen. Gegen Tyler, The Creator. Ganz normal.

Big Sean – The Only Way Is Up
Sein wichtigstes Karriereziel hat Big Sean bereits erreicht: Er ist endlich berühmt. Was anfangs nicht mehr als eine bloße Behauptung war, ist mittlerweile Realität. Nach drei Mixtapes und einem Album – alle trugen den Slogan »Finally famous« im Namen – hat sich dieser Wahlspruch als selbsterfüllende Prophezeiung erwiesen. Damit beginnt nun das zweite Kapitel in der Karriere des mittlerweile 24 Jahre alten Sean Michael Anderson. Bislang hat er semi-große Hits geschrieben und das juvenile Großtalent an der Seite von Kanye West gegeben. Das ist ihm nicht genug. Er will mehr, und zwar den Ikonen­status. Um diesem großen Ziel einen Schritt näher zu kommen, soll »Hall Of Fame«, Big Seans zweites Soloalbum, ein richtig großer Wurf werden. Erscheinen wird es irgendwann im Sommer. Bis dahin bleibt noch genug Zeit für einen kurzen Blick zurück.

Alpa Gun – Das Leben ist ein Bumerang
Alpa Gun stand lange im Schatten der großen Stars in seinem Umfeld. In der letzten Dekade war er inmitten der turbulenten Geschehnisse der HipHop-Hauptstadt stets präsent, die große musikalische Anerkennung blieb ihm aber bis heute verwehrt. Dabei hat er mit nun vier Alben und einer EP eine stattliche Diskografie auf dem Buckel, macht nebenbei noch in Schauspielerei und hat starke Songs mit großmäuligen Straßenansagen, authentischen Ghetto-Geschichten und intelligenten Reflexionen über Migration und Identität geschrieben. Gerade hat er mit »Alles kommt zurück« sein bislang bestes Album veröffentlicht. Für die breite Rap-Öffentlichkeit ist er noch immer dieser streitlustige Kerl mit Straßenvergangenheit. Doch der stolze Deutsch-Türke ist längst ein anderer. Hört ihm gut zu, dieser Mann hat einiges zu erzählen.

KC Rebell – Anhörung
Ob es um Friedenslieder für Kurdistan oder einen Cro-Diss auf Auto-Tune geht: Mit szeneinternen Shitstorms kennt KC Rebell sich aus. Wenn ein Rapper in einer Woche drei Millionen Klicks auf YouTube generiert, kann es allerdings auch mal passieren, dass über den Tellerrand der HipHop-Szene hinaus gemeckert wird. So witterten Axel Springer, RTL und Co. mit Rap-Klischee gewürzten Sensationsfraß, als KC in seinem Video zu »Anhörung« dem Richter seinen Mittelfinger zeigte. »Banger rebellieren«, das dritte Album des Esseners, schlägt deshalb nicht nur wegen seines Signings bei Banger Musik, sondern auch wegen ersten Erfahrungen im Reich der deutschen Leitmedien ein neues Kapitel in KCs Karriere auf. Trotzdem war er froh, nach der Boulevardpresse und dem Krawallrundfunk endlich mal wieder mit der seriösen Musikpresse zu sprechen. Willkommen zu Hause.

IAM – Zurück zum Mars
Paris, 14:30 Uhr. Das Mittagessen wurde soeben abgeräumt, IAM sind bereit für den Kaffee und Gespräche mit Journalisten. JUICE-Korrespondent Fred Hanak kennt die Band aus Marseille seit den frühen Neunzigern, als sich Frontmann Akhenaton noch Chill nannte. Diesmal hat er noch den »Kings of HipHop«-Artikel aus der JUICE #148 dabei, der ein breites Grinsen auf die Gesichter der alten Herren des französischen HipHop zaubert. Eine Anerkennung, die sie sich immer gewünscht haben. Die Veteranen aus Marseille sind seit 25 Jahren ein unzertrennliches Team — anders als etwa NTM, Tandem, La Cliqua oder Fonky Family haben sie sich nie aufgelöst, lediglich von MC Freeman haben sie sich vor einigen Jahren getrennt. Ihr neues Album heißt »Arts Martiens«.

Ssio – Läubift, Nuttööö!
Hätte man ja nicht unbedingt gedacht, dass eine der Offenbarungen des letzten Rap-Jahres aus Bonn-Tannenbusch kommt. Im Vorbeigehen platzierte Ssio sein »Spezial Material« auf Platz 69 der ­deutschen Charts. Aus seiner Bauchtasche zauberte er mit Humor einen schier unerschöpflichen Fundus an ­Geschichten in Bezug auf das rheinländische Angebot an Rauchwaren und Synonymen für bewusstseinserweiternde Substanzen jeglicher Art. Seinen komödiantischen Tickersprech schickte er über Beats, die auch HipHop-Heroen wie 2Pac oder Biggie gut gestanden hätten. Genauso locker und ­entspannt wie er an diesem Nachmittag im April auf den futuristischen Sofalandschaften des Nhow-­Hotels fläzt: graumelierter Jogginganzug von Paffen Sport, akkurater Boxerschnitt, Arm­kettchen, ­Armani-Uhr. »Et gibt viel Driss in Rap-Deutschland, ne?«, sagt Ssio in seinem markanten, nasal-­rheinischen Tonfall und schickt ein dreckiges Lachen hinterher. Ihm kann es egal sein, denn spätestens wenn in diesem Sommer sein Debütalbum »BB.U.M.SS.N.« erscheint und bei Freunden hochklassiger Kraftfahrzeugausstattung und Erstsemesterstudenten gleichermaßen gepumpt wird, sollte auch dem Letzten klar werden, warum Ssio schlau macht.

Iggy Azalea – Fuck off, you tourist!
Okay, wo fangen wir an? Bei den Silikonimplantaten in Iggy Azaleas Allerwertesten? Machen wir beim an- und abschaltbaren Faux-US-Akzent der Australierin weiter, schnüffeln ein bisschen in ihrer vermeintlichen From-rags-to-riches-Geschichte? Fragen wir nach ihrem BFF-Dasein mit den Pusha Ts und T.I.s dieser Welt oder nach dem kürzlichen Tête-à-tête mit Raps Posterboy der Stunde, A$AP Rocky? Nach dem Catfight mit Azealia Banks? Zugegeben: Man kann sich schon etwas in dieser ­bunten ­Gossip- und Gerüchte-Welt der Amethyst Amelia Kelly verrennen. Dabei ist Iggy Azalea keine ­schlechte Rapperin. Egal, ob sie nun das weibliche Geschlechtsorgan besingt oder auf Kirmestechno nicht müde wird, ihre Lebensgeschichte von der australischen Unschuld, die es bis in die Mitte der ­Musikindustrie geschafft hat, herunterzubeten. Ihr lang verschobenes Album »The New Classic« soll nun im Herbst ­erscheinen. Zeit für ein Gespräch über Cyphers im australischen Nirgendwo, Ratschläge von ­männlichen Kollegen und ihr erstes Paar sündhaft teure Luxustreter.

Kings of HipHop: Lil Wayne – Being Dwayne Carter
Im Sommer 2011 erscheint in den USA Lil Waynes neuntes Studioalbum »Tha Carter IV«. Er ist gerade aus Rikers Island heimgekehrt und klingt erstaunlich aufgeräumt, sehr abgeklärt und auch ein bisschen langweilig. Hätte er mal besser nicht mit den Drogen aufgehört, sagen die Leute. Eineinhalb Jahre später: Lil Wayne wird mit Krampfanfällen ins Krankenhaus eingeliefert. Die Drogen, sagen die Leute, hätte er mal besser damit aufgehört. Lil Wayne selbst könnte sich für beides nicht weniger interessieren. Das sagt alles aus über Dwayne Michael Carter Jr., diesen wandelnden Widerspruch aus Hollygrove in New Orleans, Louisiana. Er ist unberechenbar, impulsiv, ignorant und unbedingt brillant. Man kann sich das Maul über ihn zerreißen oder ihn bedingungslos vergöttern, beides mit gewissem Recht. Nur fassen kann man ihn nicht, egal von welcher Seite man sich ihm nähert. Dennoch: ein Versuch.

Darüber hinaus findet ihr in dieser Ausgabe u.a. Features und Interviews mit:
Riff Raff
Macklemore & Ryan Lewis
Ali As
Battleboi Basti
2 Chainz
R.A. The Rugged Man
N.O.R.E.
SAM
Timeless
Ronny Trettmann
The D.O.T.
Snoop Lion
Taktlo$$
Ghostpoet
NMZS
Ta-ku
ST 2 Lettaz
Eloquent
Gentleman
Maxim
Drob Dynamic
Tricky
Golden Green
Sascha »Busy« Bühren

Tracklist JUICE CD #115

01 Genetikk »Regel dieses Spiels« JUICE Exclusive
02 NMZS »Das ist meins«
03 Dexter feat. Maniac »Lovecraft Revisited« JUICE Exclusive
04 SAM »Sie sagen Rap« JUICE Exclusive
05 Audio88 & Yassin »Hoooooooo« JUICE Exclusive
06 Tufu feat. Eloquent »Alltagserscheinung«
07 Alex Hope feat. Lakmann »Was ist ein Label wert«
08 Timeless »Project X« JUICE Exclusive
09 Battleboi Basti feat. Vist »Verschlafen«
10 Zugezogen Maskulin »Weil die andern Spastis sind Pt. 2« JUICE Exclusive
11 Drob Dynamic »Da Champ Is Here«
12 Edgar Wasser »JUICE Exclusive« JUICE Exclusive

Cover JUICE #151

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Cover JUICE CD #116

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