Jay Prince – Smile Good // Review

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(soundcloud.com/jayprincemusic)

In Anbetracht des aktuellen Weltgeschehens ist »Smile Good« pure Provokation. Die USA machen einen Schritt in die nächste Reagan-Ära, das alte Europa zerfällt in national(istisch)e Einzelteile, und dann kommt so ein gutgekleideter Brite mit der Aufforderung daher, doch einfach mal die Backenmus­kulatur zu trainieren. Dabei muss man natürlich die Zeilen genau mitlesen. Denn was sich im Opener »The Beginning« mit klebrigen Synth-Bläser-Fanfaren als sanfter Turn-up tarnt, entpuppt sich schon in der Hook als entwaffnende Antwort auf widrige Lebensumstände: »Love the ghetto, hate in the ghetto«, bringt Jay Prince seine Agenda auf den Punkt. Es ist auch nicht so, als wäre das soziale Ungleichgewicht spurlos an ihm vorbeigezogen. Jay ist aufgewachsen in Londons Osten, jenem Ort, an dem man auf fehlende Privilegien traditionell mit Grime antwortet. Doch für Jay bleibt Grime nur der musikalische Startschuss auf dem Pausenhof. Auf seinen Releases widmet er sich »klassischem« Rap; die »Smile Good«-EP verortet den Londoner lose zwischen Soulection und TDE. Die teils eigens produzierten Instrumentale werden getragen von souligen Keys und rollenden Kicks, die K-Dot gut ständen (»Episodes«), sie zitieren die Chicagoer Gospel-­Renaissance von Chance und Ye (»Father, Father«) und könnten auf den Atlanta-Markt geschmissen werden (»Squad«). Die Brücke schlägt Jay Prince mit melodiösen Flows, die glatt davon ablenken, dass hier in knapp 30 Minuten Depression und Weltschmerz verhandelt werden – ohne hohle Phrasen.

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