Flako – Natureboy // Review

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flako_natureboy (Five Easy Pieces)

Wertung: Fünf Kronen
Die Prämisse: Flako, geschätzter Vertreter der Post-Dilla-Beatmaker-Moderne mit chilenisch-deutschen Wurzeln, geht nach dem Blue-Eyed-R’n’B-Projekt Dirg Gerner für sein offizielles Debütalbum den großen Schritt von instrumentalem HipHop hin zu, wie sagt man doch so unschön, richtiger Musik. Inspiration zieht er vorgeblich aus Sonne, Wasser und südamerikanischen Klängen. Das hätte auf unglaublich viele Arten schiefgehen können. Aber dankenswerterweise ist »Natureboy« von kitschiger Ethno-Panflöten-Fusion so weit entfernt wie die Anden von Central London. Flako verfolgt einen reduzierten Ansatz, mit dem er digitale, beatbasierte Musik derart weit aufmacht, dass sie als formales Gerüst des Albums noch klar zu erkennen ist, aber Songs in einer Offenheit zulässt, die die engen Strukturen von HipHop und Trap nicht mehr braucht. Das spürt man, wenn »Natureboy« schon in den ersten vier Minuten zwischen Field-Recordings, schwebendem Bass und verfremdeter Stimme eine entrückte Harmonie formt, die von keinem einzigen Beat gestört wird. Erst »Schipibo Icaro« führt ein Trap-Pattern ein, das ordentlich an Breite zulegt und sich dann für hypnotische Percussion und verschwörerisches Stammesgemurmel öffnet. »Gelis« wird vorsichtig orchestral, ohne unnötigen Bombast und wieder ohne Beat, bevor ätherische New-Age-Chorstimmen an die Oberfläche dringen, die sich durch das Album ziehen. Erst zwei, drei Stücke nach dem übersteigerten »Kuku« wird einem langsam bewusst, was für weite Strecken Flako ohne Bumm und Tschack (vor allem ohne Tschack) zurücklegen kann, ohne das Low End zu vernachlässigen. Und gerade wenn man überhaupt nicht mehr darüber nachdenkt, dass ein Mensch diesen ganzen detailreichen Fluss lenkt, wird man von »Lyrebird« mit seinem Trap-Instrumentarium wieder vorsichtig in Richtung LED-Licht geschubst. Flako vollbringt ein Kunststück nach dem anderen: Klar könnte man zum letzten Drittel von »Who Do You Think You Are« morgens um sechs im Hustensaft-Club noch mal richtig upturnen. Man würde aber verpassen, mit welcher Umsichtigkeit Bassmusik hier den Weg ins Grüne findet. Der Naturjunge ist wie sein letzter Song: »Odd & Beautiful«. Ein melancholisches, aber positives Album voller Luft und Spannungen, das den Hörer zum Glück oft genug merken lässt, wie nah der nächste Abgrund ist.

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