Die Atzen/­Frauenarzt & Manny Marc präsentieren Atzen Musik Vol. 2 // Battle Of The Ear

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(Atzen Musik/Kontor Records) 

PRO

Wertung: Viereinhalb Kronen

Die Aufforderung, sich doch ­bitteschön mal den Stock aus dem Arsch zu ziehen, fand man in der ­einen oder anderen Form bisher wohl in nahezu jeder positiven ­Review zu Alben mit Frauenarzt- und/oder Manny Marc-Beteiligung. Ging es früher dabei vor allem um die hitzig diskutierten, unverblümten Ficktexte, so muss man die Stock-Arsch-Formulierung seit Jahresfrist in einem ganz ­anderen Zusammenhang bemühen: Ja, das was die ­Atzen da machen, ist ansatzlos eingängige Musik für einen ­feierwütigen, betrunkenen Mainstream, und ja, das ist auch viel mehr Scooter als Bummtschack. Aber was soll’s? Denn genau das ist auch das erklärte Ansinnen des Berliner Neon-Mobs mit den ­Konfettikanonen. Und wenn man sich die Unmengen völlig verzockter Vierzumflur-Lalala-Versuche anderer Rapvögel antut, kommt man auch nicht umhin festzustellen, dass die Atzen das eindeutig glaubwürdigste, treffsicherste und spaßigste Rezept für trinkfidele Bassfeierei mit Ausrastfaktor parat haben. Klar, als HipHop-Mensch wird man sich für den entspannten Feierabend auf der Couch sicher keine der bis zu drei CDs dieser Brachialveranstaltung in die Rechnerschublade pfeffern. Wenn man hingegen auf Biervernichtung, freundliche Rumschubserei und Gröl-Action gebürstet ist, ist das hier – übrigens überhaupt nicht so billig produziert, wie das Vorurteil sagt, sondern mit übelst Rumms daherbretternd – einfach genau das Richtige. Klar, das ist alles andere als guter Geschmack. Aber man kann auch im Stones Throw-Pulli aufs Oktoberfest gehen. Also: Stock ex Arsch, alle Atzen mit dabei, bumsfallera, alles geil. Und mit der Attitüde freut man sich dann auch über so was Absurdes wie die von Arzt und Marc auf Englisch (!) gerappte Version ihres Überhits: “That’s What’s Up!”

CONTRA

Wertung: Eine Krone

Am Anfang war’s ja noch lustig: BpjM-Abonnent Frauenarzt und sein ewiger Sidekick Manny Marc ­starten senkrecht in den Ohrwurmhimmel, “Das geht ab!” wird zunächst von der Atzenbasis ­abgefeiert, dann von optimistischen Hertha-Fans ins ­Berliner ­Olympiastadion ­befördert, und schließlich hampelt ganz Deutschland inklusive Malle und Wiesn ­volltrunken zu dem ­billigen Synthie-Gestampfe herum und grölt sich die Bierseele aus dem Leib. Aber jetzt, nach einem Jahr Atzenterror mit ­Schlitzbrillen, ­Neonklamotten, Haus-Maus-Rap und Proletentechno is’ auch mal wieder gut. Denkste. Denn mit “Disco Pogo” haben Arzt und sein bunter Anhang schon wieder so ein simpelst gereimtes Brüll-Dingsbums mit Kirmes-Bummbumm in Richtung obere Charts-Regionen geschickt und auch diesmal wird das von einem so ausladenden wie ­redundanten Discount-Tonträger begleitet: Greift man frühzeitig zu, bekommt man hier sage und schreibe 61 (!) Stücke auf drei (!!) CDs für 10,97 Euro (!!!) hinterher geschmissen – und die bewährte Sentenz von der Quantität und Qualität passt hier wie die Faust aufs schlitzbebrillte Auge. Dieses stressige Vorwärtsgebretter mit Ballaballa-Bierzeltlyrik und schiefen Doof-Refrains obendrauf geht
Menschen mit Sinn für Musik
nämlich schon nach ein paar ­Minuten arg auf den Zeiger, am grundsätzlichen Rezept wird über die elendig lange Spieldauer nur ­minimal geschraubt – wer genau aus dem Rumhüpfpersonal der Atzen-Armada da jetzt seine sinnfreien Raps über das Geknarze petert, ist angesichts von Inhalt und Vortragsweise ohnehin wurscht. Und eine Hook von Schlagerdödel Jürgen Drews ist halt höchstens für völlig geschmacksverirrte Dorftrottel ein Pluspunkt. Ob das Ganze überhaupt noch im Rahmen von HipHop verhandelt werden sollte, muss man hier nicht mal gesondert erörtern. Dieses einfältige Atzentheater nervt nämlich einfach tierisch – über jegliche Genregrenzen hinweg.
av (Atzen Musik/Kontor/edel)

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