Curse: »Ich habe den Text auf seine Essenz reduziert.« // Interview

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Curse05_von Robert Eikelpoth
 
Sechs Jahre, so lange liegt Curse‚ letztes Album »Freiheit« nun schon zurück. Im Jahr 2010 nahm er diese Freiheit dann kurzerhand wörtlich und verabschiedete sich ­einfach mal aus der aktiven HipHop-Szene – die Akkus waren leer. Das Hamsterrad der ­Industrie drehte sich in eine Richtung, in die Curse nicht mehr laufen wollte. Doch ­Musik hat er ­immer gemacht, ob in eigenen Projekten wie The Achtung Achtung oder als ­Songschreiber für Künstler wie Lary und Chima. Und irgendwann waren dann auch die Akkus wieder voll; und die Motivation da, das Kapitel Curse weiterzuschreiben. Und so steht nun Ende Oktober das sechste Curse-Studioalbum »Uns« in den Regalen, das den 36-Jährigen in Höchstform präsentiert. Aufs Maximum reduziert. Oder wie er auf der Platte selbst so schön sagt: »Der Trick ist, dass Essenz in ein paar Tropfen passt.«
 
Bevor wir über die neue Platte reden, müssen wir noch ein bisschen die ­Vergangenheit aufbereiten. Im Jahr 2010 hattest du deine Rap-Karriere in einem offenen Brief für beendet erklärt. Wie schwer ist dir diese Entscheidung damals gefallen?
Das war leicht, aber natürlich ein längerer Prozess. Ich war einfach nicht mehr happy mit den Geschäftsstrukturen, in denen ich mich befunden habe. Weil zudem meine Verträge ausliefen und sich in den ­anschließenden Gesprächen herauskristallisiert hat, dass die Visionen verschiedene sind, habe ich ­gemerkt, dass das der richtige Zeitpunkt ist um ­aufzuhören. Und diese Entscheidung habe ich keine Sekunde bereut.
 
Es war aber nie so, dass du keine Lust mehr hattest, Musik zu machen, oder?
Nein, mich hat bloß das ganze Drumherum abgefuckt: Musik zu verkaufen und als Curse bestimmten Erwartungshaltungen entsprechen zu müssen. Es hat mich genervt, dass mir alle Menschen, die ich neu und unvoreingenommen kennengelernt habe, immer mit einer vor­gefertigten Meinung gegenübergetreten sind.
 
Du hast damals in deinem Abschieds­statement geschrieben: »Der Grund ist, dass ich mich selber gerade wieder aufs Neue finde. Ich habe mir seit dem­ ­Release von ‚Freiheit‘ viele wichtige ­Fragen ­gestellt, und ich habe viele wichtige Antworten gefunden – und neue Fragen.« Welche Fragen und Antworten waren das?
Im HipHop gibt es doch diesen Begriff der ­Realness, und ich habe mich gefragt, was das eigentlich konkret heißt. Meine Antwort darauf lautet, so nah wie möglich an dem dran zu sein, was man wirklich ist und will und denkt und fühlt – und danach zu handeln. Insofern hätte ich also nicht realer sein können, als an diesem Punkt einen Schlussstrich zu ziehen.
 

 
Dein damaliges Folgeprojekt war dann The Achtung Achtung, aber so richtig viel passiert ist damit nicht.
Stimmt, das hatte verschiedene ­Gründe. Zum einen kamen auch da wieder die ­Erwartungen der Label-Leute ins Spiel, die mich nur als Curse gesehen haben, der eben ein Rapper zu sein hat. Dann ­musste mein Partner Jimmy ­Ledrac das Projekt ­zwischendurch aufs Eis ­legen, sodass ich erst alleine mit der Band weiter­gemacht habe. Diese Band hat dann ­allerdings einen Majordeal bekommen und bringt jetzt ihr Debütalbum als Rakede raus. Damit war The Achtung ­Achtung erstmal gestorben. Aber wir haben zehn, zwölf Tracks fertig – wer weiß, ­vielleicht kommt da noch mal was.
 
Stattdessen hast du anderen Künstlern beim Songwriting geholfen.
Ja. Ich habe einen neuen Verlagsdeal ­gemacht, und dieser Verlag hat mich bei anderen Künstlern als Songwriter angeboten – ich habe zum Beispiel mit Lary und Chima zusammengearbeitet. Aber auch mit Bands wie Glasperlenspiel. Das war eine ­interessante Erfahrung, die mein Handwerk erweitert hat. Man muss sich eben klar machen, dass das keine Curse-Songs sind. Ich sehe mich da als Dienstleister: Ein Künstler kommt mit einer bestimmten Vision zu mir und ich bringe mein Know-how im Sinne der Vision dieses Künstlers ein – das ist eine ganz ehrliche Angelegenheit.
 
Du warst auch einige Zeit in Indien.
Ja, das war Zufall. Ich galt ja immer als ­philosophischer Rapper, der sich ganz viele Gedanken macht – und das stimmte auch. Ich habe immer viel gelesen und theorisiert. ­Irgendwann wollte ich aber nicht mehr nur Theorie, sondern Praxis; nicht mehr zehn ­Bücher über Meditation lesen, sondern mich auf den Arsch setzen und Meditation ­betreiben. Also habe ich noch in Deutschland mit Meditationstraining angefangen. Da habe ich von einem bestimmten Programm gehört, an dem ich dann in Indien teilgenommen habe.
 
Worum ging es dabei konkret?
Das war ein durchstrukturierter, achttägiger Workshop, der dafür sorgt, dass man mal alle seine sozialen Masken ablegt und auf seine individuelle Essenz zurückgeworfen wird, sich mit seinen Schattenseiten auseinandersetzt und am Ende mit einem sehr viel klareren Bild von sich herauskommt. Du begibst dich da in eine Art luftdicht verschlossenen Container ohne Kontakt zur Außenwelt – darauf muss man sich einlassen.
 
War das schwer?
Alter, und wie! Nach zwei Tagen wollte ich schon das Handtuch werfen! Aber ich hab’s durchgezogen. Das war eine krasse ­Erfahrung, die einen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen hat. Der Song »Sie fallen« handelt von meinen Erfahrungen dort.
 
Warst du auf Sinnsuche?
Ja, aber wenn du dir meine alten Alben anhörst, dann merkst du auch, dass ich das immer schon war. In den letzten Jahren habe ich bloß gemerkt, dass ich diese Suche ­weniger ­theoretisch und mehr praktisch ­angehen möchte.
 
Als du aus Indien zurückkamst, hast du eine Ausbildung zum Systemischen Coach gemacht. Wie bist du darauf gekommen?
Während der Produktionsphase von »Freiheit« habe ich selbst Systemisches Coaching als Klient in Anspruch genommen, und das hat mich beeindruckt, weil es mir sehr ­geholfen hat. Dadurch habe ich den Wunsch ­entwickelt, das auch zu lernen.
 
Was macht man da genau?
Systemisches Coaching ist eine Form von psycho­logischer Arbeit; keine ­Tiefen­psychologie, bei der man erst mal zwei Jahre lang die Kindheit aufarbeitet, sondern eine lösungsorientierte und ­klientenzentrierte Art, mit akuten Fragen und Problemen ­umzugehen. Mithilfe einer bestimmten Form von Gesprächsführung versucht man dabei, den Klienten dazu zu bringen, seinen eigenen Knoten zu entwirren. Das Systemische daran ist die Annahme, dass kein Problem isoliert ­entsteht, es eben immer ein System gibt, das ein Problem verursacht, und dieses System muss man sich genau ansehen, um das ­Problem aus der Welt zu schaffen.
 
In einem FAZ-Porträt von 2011 meintest du: »Wenn ich morgens aufstehe und ­wieder den Drang verspüre, einen Rapsong zu schreiben, werde ich das tun.« Erinnerst du dich an diesen Moment?
Nicht konkret, aber es gab ihn. Bis es dann wirklich losging, hat es aber noch eine ganze Weile gedauert. Ich habe mir die Frage ­gestellt: »Wenn ich noch mal ein neues Curse-Album mache, wie müsste das ­klingen?« Dann bin ich mal die Tracklists ­meiner Radioshow Plan B auf 1LIVE der letzten Jahre ­durchgegangen und habe die Songs ­rausgesucht, die am meisten bei mir hängengeblieben sind. Am Ende hatte ich eine Liste von Songs, die ein sehr klares Bild ­ergeben hat. Und mir war klar: Wenn es gelingt, die Einflüsse so zusammenzukriegen, dass ich auch noch darüber rappen kann, dann wäre das ein authentisches Curse-Album für 2014.
 
Wie hast du begonnen, das umzusetzen?
Ich habe Claud und die Beatgees ­angeschrieben und gefragt, ob wir uns nicht mal zusammensetzen wollen. Mit Claud war ich dann in Wien und die Beatgees habe ich während ihres Urlaubs auf Zypern besucht. Dort habe ich ihnen besagte Songs ­vorgespielt, meine Ideen dazu vorgestellt und beide Parteien meinten: »Wir wissen genau, was du meinst. Lass uns loslegen!« Das haben wir gemacht – aber erst nur instrumental.
 
Wann hast du angefangen zu schreiben?
Erst einige Monate später, den Text von den ersten anderthalb Minuten von »Kristallklarer Februar – Für P.« – ein Song, in dem es um den Tod meines Freundes Patrick Ahrend geht, der »Und was ist jetzt« produziert hat.
 

 
Ein sehr persönlicher Song.
Allerdings, deshalb war es mir wichtig, den auf der einen Seite nicht zu verkitschen, auf der anderen Seite aber auch nicht zu verstylen, sondern so aufzuschreiben, wie es war und sich angefühlt hat – dieses komische Gefühl, sich bei einer Beerdigung fehl am Platze zu fühlen und solche Fragen zu stellen wie: »Der Lehm aus ­getrocknetem Regen/Und Schuldgefühlen bleibt an uns kleben/Ist das ‚Trauer tragen‘?/Mehr als alle schwarzgrauen Farben?« Ich wollte die Emotionalität in all ihren Nuancen aufgreifen, aber keine blöden ­Floskeln droppen. Der Song ­verschweigt ja auch nicht, dass es mal ­Konflikte ­zwischen uns gab, die sich angesichts dieser ­bevorstehenden Endgültigkeit aber ­vollkommen relativiert haben.
 
Von da an warst du dann im Schreibfluss?
Ja, das hat mir einen Zugang verschafft. Aber beim Schreibprozess habe ich bereits gemerkt, dass ich hauptsächlich Worte weggelassen habe – irgendwelche fancy Formulierungen oder Flowpatterns. Ich habe den Text auf seine Essenz reduziert. Das hat die lyrische Richtung für »Uns« vorgegeben. An einer Stelle des ­Albums hatte ich sogar einen Doubletime-Verse, der war auch geil, aber als ich mir die Frage gestellt habe, ob es auch ohne ­funktioniert und das mit »Ja« beantworten konnte, habe ich den weggelassen. Der Song brauchte den Part nicht.
 
Wenn man sich den Sound der Platte anhört und vielleicht erst seit ein paar Jahren deutschen Rap hört, könnte man »Uns« durchaus als Resultat von ­Platten wie denen von Casper auffassen. Wenn man deine alten Sachen jedoch kennt, kommt man wiederum nicht umhin, ­festzustellen, dass du hierzulande bestimmte Dinge salonfähig gemacht hast, von denen sicherlich auch Casper profitiert hat. Wie siehst du selbst die Wechselwirkung zwischen deiner Musik und dem, was ansonsten gemeinhin gerne als Emo-Rap bezeichnet wird?
Fangen wir mal so an: Ich finde es großartig, wenn sich Leute gegenseitig inspirieren. Ich würde mir aber niemals anmaßen zu sagen, Rapper XY hätte sich dieses oder jenes bei mir abgekuckt. Klar, wie ich in »Und was ist jetzt« damals in den Chorus eingestiegen bin, war es vielleicht das erste Mal in Deutschland, dann kam irgendwann so etwas wie »Der Druck steigt« von Casper und jetzt komme ich wieder mit »Wir brauchen nur uns« – das mag dasselbe Prinzip sein. Aber habe ich das jetzt ­erfunden? Nein, sicher nicht. Ich habe das auch irgendwo anders mal gehört. Daher ist diese Diskussion ein bisschen müßig.
 

 
Also hältst du derlei Vergleiche für obsolet?
Ja. Denn wenn man ganz fair ist, sich mein Album ganz anhört und neben Platten von Rappern wie Casper stellt, dann wird man feststellen, dass die ganze Attitude eine andere ist; die Art, wie ich über Dinge spreche; die ­Arrangements; die Stimmungen. Aber: Frag Casper doch mal, wie er Miike Snow oder How To Dress Well findet – die findet er nämlich genauso geil wie ich. In den Inspirationsquellen gibt es Überschneidungen, und deshalb gefällt mir ein Casper-Album wohl auch so gut.
 
Die Szene hat größtenteils positiv auf dein Comeback reagiert. Shindy allerdings ließ über Twitter verlauten: »Curse kann sich gleich wieder verpissen. Jetzt, da es gut läuft, sind plötzlich alle wieder Rapper. Rap braucht euch nicht.« Was sagst du zu dem Statement?
Shindys Unterstellung liegt nahe. Wenn du das von außen betrachtest und Eins und Eins ­zusammenzählst – Curse hat aufgehört mit Rap und jetzt, wo es Rap wieder gut geht, fängt er wieder an, weil er Geld braucht –, dann macht das total Sinn. Und ich gebe ­Shindy Recht: Wenn das meine Intention gewesen wäre, ein neues Album zu machen, dann wäre das kacke; dann hätte er jede Berechtigung, das scheiße zu finden. Aber: Er soll es sich mal anhören. Natürlich muss er »Uns« nicht gut finden, aber wenn er hört, wie es produziert ist, wie und worüber ich rede, dann wird er merken, dass das kein Album ist, das aus der von ihm genannten Motivation entstanden ist.
 
Und wie viel Geld ein neues Curse-Album abwirft, wird sich auch erst noch zeigen müssen, oder?
Absolut! Ich mache ja alles selbst. Ich bezahle die Produktion, ich habe einen professionellen Fotografen, beauftrage eine Videofirma, muss alles pressen lassen, mache Shirts und Limited Boxen, habe zwei Produktmanager, mehrere Promoter, lasse Werbung schalten etc. Und wenn du die entsprechenden Summen mal in den Taschenrechner eingibst, dann kommt da am Ende ein sechsstelliger Betrag raus – ein Betrag, den ich erst mal in die Hand nehmen muss, um die Scheibe in die Läden zu stellen. Da habe ich noch kein einziges Teil verkauft. Wenn ich »Uns« 100.000 Mal absetze, ­verdiene ich gutes Geld damit, ja, aber das muss man heutzutage auch erst mal schaffen.
 

 
Das Album trägt den Titel »Uns« und ist insgesamt weit weniger Ich-zentriert als deine Vorgängeralben. Stimmt der Eindruck, dass du die Existenz deiner Frau und deines Sohnes häufig textlich mitdenkst?
Das ist sicherlich ein Aspekt, doch das Uns auf der Platte ist weiter gefasst und meint nicht nur drei Leute. Aber es war ­tatsächlich eine bewusste Entscheidung, diesen Ego-­Aspekt ansatzweise aus der Platte ­rauszuhalten.
Im Opener »Tatooine« erzählst du, dass du versucht hättest, dein Glück auf Sand zu bauen. Wie ist das gemeint?
Es geht dabei um das Bild, dass man stets nur so gut ist wie die Grundlage, die man sich schafft. Wenn du kein vernünftiges ­Fundament gebaut hast, kannst du noch so schöne ­Türmchen auf deinem Grundstück errichten, aber es wird schwierig werden mit der Statik.
 
Hast du Glück früher anders definiert?
Nicht direkt, aber ich habe gedacht, dass ich mich vielleicht durchschummeln kann. Ich habe auch geglaubt, dass sich Glück in Geld, Erfolg oder der Anzahl gemachter Reisen messen lässt – aber solche Gradmesser für Glück sind Quatsch, solange du nicht innerlich mit dir im Reinen bist, denn ansonsten ist das nur Kompensation für ein Gefühl von Leere. Ich habe heute eine andere Perspektive auf diese Dinge, deshalb ist die Basis eine bessere.
 
Was hat diese Basis verändert?
Ich bin den eben genannten Dingen jahrelang nachgerannt. Irgendwann habe ich gemerkt, dass ich nie stehengeblieben bin. Wenn etwas Negatives passiert ist, habe ich vielleicht mal die Richtung gewechselt, aber gerannt bin ich immer. Und das ist anstrengend und – hat mich trotzdem nie an ein Ziel gebracht. Also musste ich etwas verändern, einen radikalen Cut machen – das Kapitel Curse eine Zeit lang beenden und auch im privaten Bereich einige Dinge auf Reset stellen. Ich habe versucht, langsamer zu rennen, ein bisschen Luft zu sparen und auch mal nach links und rechts zu schauen. Und vielleicht schaffe ich es sogar mal, irgendwann stehen zu bleiben und zu merken, dass es eigentlich gar keinen Grund zum Wegrennen gibt.
 

 
Der Name »Tatooine« stammt aus dem Star-Wars-Universum. Was hat es damit auf sich?
Darauf gekommen bin ich nach einer ­Unterhaltung mit meinem Sohn, der großer Star-Wars-Fan ist. Tatooine ist ein Planet mit zwei Sonnen, und ich habe zu ihm wohl gesagt, dass er und seine Mama meine beiden Sonnen seien, woraufhin er meinte: »Dann bist du ja Tatooine!« Und dieses Bild fand ich einfach krass.
 
Ein weiterer Beleg für meine Annahme, ­deine Freundin und dein Sohn ­hätten großen Einfluss auf dich als Künstler genommen.
Vor allem haben sie menschlich Einfluss auf mich genommen, und diese Einflüsse spiegeln sich immer schon in meiner Musik ­wider.
 
Wie auch im Song »Millionen Mal schon«.
Ja. Mein Sohn hat mich irgendwann mal ­gefragt, ob ich an Wiedergeburt glaube, und eine solche Frage fand ich krass aus dem Mund eines Neunjährigen. Ich habe ihn dann gefragt, wie er darauf kommt. Daraufhin meinte er: »Ich habe darüber nachgedacht und ich glaube an Wiedergeburt. Denn du warst schon ganz oft mein Vater.« Da bin ich echt aus den Latschen gekippt und fand das einfach nur krass. Nun bin ich ja Buddhist, und da ist ­Wiedergeburt natürlich ein großes Thema, aber ich habe lange gebraucht, um mich ­tatsächlich mit diesem Konzept anzufreunden. Und ­plötzlich kommt der Kleine an und lässt das in zwei einfachen Sätzen total einleuchtend wirken.
 
In dem Stück geht es um das Thema Wiedergeburt.
Ja, aber mehr noch handelt er von der ­Freundschaft zwischen dem Kleinen und mir. Der Arbeitstitel für den Song war »Cloud Atlas«, diese Geschichte, in der sich zwei Menschen in verschiedenen Körpern und ­verschiedenen Zeiten immer wieder treffen. ­Natürlich geht es in dem Song auch um ­Themen wie ­Unendlichkeit, Wiedergeburt, Karma – aber diese Begriffe fallen nie, und zwar ganz ­bewusst nicht.
 
Was hat dein Sohn denn gesagt, als er den Song über ihn und dich zum ersten Mal gehört hat?
Mein Sohn hatte immer schon bei mir ­eingefordert, dass ich einen Song für ihn schreiben soll. Ich habe ihm dann aber immer gesagt: »Okay, Kleiner, mache ich. Der Song heißt ‚Mach deine Hausaufgaben!’« – und damit habe ich ihn wochenlang aufgezogen. (lacht)
 
Dann war er wohl froh, dass am Ende ein Song mit einem anderen Thema ­herauskam.
Auf jeden Fall, aber: Der Satz »Mach deine Hausaufgaben« kommt in dem Song vor. (lacht) Den habe ich am Ende der zweiten Strophe extra noch mit reingepackt. Ich sage: »Schuhe voller Spielplatzsand/zieh sie draußen aus, mach deine Hausaufgaben/Ich liebe dich seit zehn Mal hunderttausend Jahren«. In dem Song gibt es ein durchgehendes Bild mit Sand – in der ersten Strophe ist es der ­Wüstensand, in der zweiten der Spielplatzsand, weil der ­Kleine immer Sand in die Bude trägt. Ich könnte echt einen Versandhandel für Sand, Kies und Geröll aufmachen! (lacht) Aber genau das ist es, was bei diesem Album passiert ist: Der Junge schleppt uns ständig Sand in die Bude, und dieser Aspekt wird zu einem wiederkehrenden lyrischen Element in einem Song; diese kleinen alltäglichen Dinge werden zu etwas Größerem. ◘
 
Text: Daniel Schieferdecker
Foto: Robert Eikelpoth
 
Dieses Interview erschien als Titelstory in JUICE #163 (hier versandkostenfrei nachbestellen).
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