BSMG – Platz an der Sonne // Review

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BSMG, Platz an der Sonne, Review
(Nesola / Universal Music)

Wertung: Viereinhalb Kronen

Nie war ein Projekt wie BSMG wichtiger als im Herbst 2017: einer Zeit, in der die Budgets für antifaschistische Projekte gekürzt werden und rechter Terror verharmlost wird. Eine Lobby für Afrikaner in der Diaspora soll das von den Berliner Rappern Megaloh und Musa und Produzent Ghanaian Stallion initiierte Movement, die Black Superman Gang, sein. Anders als die Brothers Keepers arbeiten sich die drei Kindheitsfreunde mit Wurzeln in Nigeria, Ghana und Sierra Leone aber nicht nur an ihrer Lebensgeschichte (»Schwarzer in nem weißen Land, weißer in nem schwarzen Land«) ab, sie liefern gleich einen historisch-philosophischen Abriss über mehrere Jahrhun­derte Kolonialgeschichte. »Platz an der Sonne« verweist auf ein Zitat des deutschen Reichskanzlers Bülow, der damit 1897 das Kolonialbegehren auf dem afrikanischen Kontinent ausdrückte – und ist bigger than HipHop. Das Konzeptalbum ist ein forderner Monolith, der weiße Privilegierte abschrecken mag (s/o Musikexpress) und dem Plantagenbesitzer (lies: CEO beim Global Player) Angstschweiß auf die Stirn treibt. Blickt man über die belehrenden Edutainment-Skits hinweg, offenbart sich ein komplexer multikultureller Entwurf, der sich auf seine Afro­beats-Ahnen und Highlife-Helden ebenso wie auf Black Thought und Future beruft, Malcom X zitiert und die Olympia-Legende Jesse Owens zelebriert. Fernab von Antifa-­Swag oder verschwörerischer Vereinfachung, die so vielen Polit-Rap-Entwürfen anheftet, ist »Platz an der Sonne« vor allem ein Empowerment-Album: Wenn Musa in Camouflage-Montur und mit Machete zwischen den Zähnen durchs Schilf watet, die Guerilla-Einheit in Stellung bringt und als Paramilitär die Uzis und AKs munitioniert (»Visionen«). Oder Megaloh zum King Kunta mutiert, Kendrick verdammt nahekommt, sich die wichtigsten Sechzehner seiner Karriere und abartige Reimketten von der Seele schreibt (»Täterprofil, Negermusik, Fela Kuti/Dicke Haut – Lederboutique«) und auf »Onkel Tom«, einem »12 Years A Slave«-ähnlichen Unchained-Monument, Deutschrap ad absurdum führt. Solange Weißbrot-Rapper das N-Wort benutzen und im Kulturfernsehen Blackfacing betrieben wird, sind wir noch Lichtjahre von einer post-rassistischen Wirklichkeit entfernt, und brauchen unbe­dingt eine Black Superman Gang.

Text: Kilian Peters


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